29.06.2017

Bekennende Protestanten: Wir stimmen gegen „Ehe für alle“

Volker Kauder: Ehe ist die Verbindung von Mann und Frau

Bekennende Protestanten: Wir stimmen gegen „Ehe für alle“

Volker Kauder: Ehe ist die Verbindung von Mann und Frau

Berlin (idea) – Eine Reihe engagierter Protestanten in der CDU-Bundestagsfraktion hält die voraussichtliche Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften für falsch. Sie wollen am 30. Juni im Bundestag mit Nein stimmen. Das ergab eine Umfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am 26. Juni eine überraschende Kehrtwende vollzogen und eine mögliche Abstimmung im Bundestag zur „Gewissensentscheidung“ erklärt – also ohne Fraktionszwang. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, sagte idea: „Für mich ist die Ehe die Verbindung von Mann und Frau. So ist es in der Heiligen Schrift formuliert. So ist es in das Grundgesetz eingegangen.“ Er habe großen Respekt vor anderen Lebensformen: „Aber es ist etwas anderes, wenn Mann und Frau eine auf Dauer angelegte Partnerschaft eingehen, als wenn dies Personen gleichen Geschlechts tun.“Werden auch polyamore Beziehungen eines Tages als Ehe gelten?Von den Bundestagsabgeordneten, die der evangelikalen Bewegung nahestehen, sagte Steffen Bilger (Ludwigsburg), für ihn sei eine Ehe die Verbindung zwischen Mann und Frau, die in dieser Form besonderen Schutz verdient: „Ich lehne auch ein Adoptionsrecht für Homosexuelle ab, weil für mich das Kindeswohl entscheidend ist.“ Bilger zufolge interpretieren zudem FDP und Bündnis 90/Die Grünen die „Ehe für alle“ noch weitgehender: „Sie verstehen darunter auch die Ehe von mehr als zwei Personen. Die Debatte ist also nicht beendet, sondern es wird weitergehen mit Forderungen nach Leihmutterschaft und Ausweitung der Ehe auf mehr als nur zwei Personen.“ Ähnlich äußerte sich Volkmar Klein (Burbach bei Siegen): „Jeder kann leben, wie er will. Großartig, wenn wechselseitig Verantwortung übernommen wird. Das auch in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften zu würdigen, ist richtig. Aber daraus zu folgern, diese auch der Ehe zwischen Mann und Frau gleichzustellen, wäre falsch.“ Wenn wechselseitige Verlässlichkeit wirklich das ausreichende Kriterium für eine Ehe wäre, gäbe es keinen Grund, eine Ehe von mehr als zwei Personen abzulehnen: „Das ist bei weitem nicht nur eine theoretische Frage: Die Mehrehe ist in vielen Kulturkreisen traditionelle Realität, und auch in Deutschland wird über polyamore Beziehungen (Beziehungen zu mehreren Partnern, d. Red.) philosophiert.“Motschmann: Es muss geprüft werden, ob der Gesetzentwurf verfassungskonform istLaut der Bremer Bundestagsabgeordneten Elisabeth Motschmann sollte vor der Abstimmung geprüft werden, ob der Gesetzentwurf über die „Ehe für alle“ überhaupt verfassungskonform ist: „Diese notwendige Klärung lässt das übereilte Verfahren von Rot-Rot-Grün aber nicht zu.“ Dass die SPD ein so bedeutsames Thema durch den Bundestag peitsche, sei „ein Vertrauensbruch – eigentlich ein Koalitionsbruch“.Frank Heinrich: Das Vorgehen ist unangemessen

Der Bundestagsabgeordnete Frank Heinrich (Chemnitz) hält das Vorgehen für unangemessen: „Das Bundesverfassungsgericht stellt immer wieder in seiner Rechtsprechung, zuletzt 2013, fest, dass die Verschiedengeschlechtlichkeit der Beziehung das Wesensmerkmal des Instituts Ehe ist.“ Auf eine Kleine Anfrage der Grünen habe das Justizministerium 2015 angegeben, dass „eine Öffnung der Ehe für Paare gleichen Geschlechts eine Änderung des Grundgesetzes“ voraussetze. Er kritisierte ferner den Gesetzentwurf, über den abgestimmt werden soll. Darin heißt es: „Gleichgeschlechtlichen Paaren ist bis heute die Ehe verwehrt, was eine konkrete und symbolische Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität darstellt.“ Ihm sei, so Heinrich, nicht klar ersichtlich, was unter einer „symbolischen Diskriminierung“ verstanden werde: „Es scheint mir, als ob diese vage Formulierung genutzt wird, um eine klassische Definition des Ehebegriffs aufzuweichen, ohne hierfür einen konkreten Grund nennen und aufzeigen zu können.“ Auch der Bundestagsabgeordnete Johannes Selle (Sondershausen) wird den Vorstoß ablehnen. Währenddessen haben über 150.000 Personen die Petition „Ehe bleibt Ehe“ an Bundeskanzlerin Merkel unterschrieben. Sie wird vom Aktionsbündnis „Demo für alle“ organisiert. Im Jahr 2015 haben 400.000 Paare den Bund der Ehe geschlossen. Zugleich wurden 7.401 Lebenspartnerschaften begründet.

„Ehe für alle“: Die beiden großen Kirchen sind uneins

Evangelische Kirche in Deutschland begrüßt die geplante Öffnung der Ehe

Hannover/Berlin (idea) – In der Debatte um die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften – die sogenannte „Ehe für alle“ – werden große Unterschiede zwischen der römisch-katholischen Kirche und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) deutlich. Die Leitung der EKD – der Rat – veröffentlichte am Abend des 28. Juni eine Stellungnahme, in der er die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften begrüßt. Die (katholische) Deutsche Bischofskonferenz wiederholte dagegen ihr Nein zur „Ehe für alle“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am 26. Juni eine überraschende Kehrtwende vollzogen und eine mögliche Abstimmung im Bundestag zur „Gewissensentscheidung“ erklärt – also ohne Fraktionszwang. Auf Drängen der SPD soll am 30. Juni über die „Ehe für alle“ entschieden werden.

Rat der EKD: Bedeutung der Ehe zwischen Mann und Frau wird nicht geschmälert

Wie es in der EKD-Stellungnahme heißt, bildet die Ehe den rechtlichen Rahmen für ein Zusammenleben von zwei Menschen, das auf lebenslanger Treue beruht: „Dass auch für gleichgeschlechtlich liebende Menschen, die den Wunsch nach einer lebenslang verbindlichen Partnerschaft haben, der rechtliche Raum vollständig geöffnet wird, in dem Vertrauen, Verlässlichkeit und Verantwortung durch gesetzliche Regelungen geschützt und unterstützt werden, begrüßt die EKD.“ Die Bedeutung der Ehe zwischen Mann und Frau werde dadurch „keineswegs geschmälert. Im Gegenteil – sie wird noch einmal unterstrichen.“

EKD-Ratsmitglied Rachel: „Ich habe bei diesem Thema eine andere Auffassung vertreten“

Zum Rat der EKD gehören 15 Mitglieder. Vorsitzender ist Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München). Ebenfalls Ratsmitglied ist der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Michael Diener (Kassel). Auf die Frage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, ob er als Repräsentant eines der größten evangelikalen Dachverbände das Pro-Ehe-für-alle-Votum mittrage, sagte Diener, dass er sich zum Themenfeld Homosexualität seit Anfang 2016 nicht mehr öffentlich geäußert habe und daran auch weiterhin festhalte. Dagegen sagte das EKD-Ratsmitglied Thomas Rachel – er ist Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU und Parlamentarischer Staatssekretär – gegenüber idea zur Stellungnahme des EKD-Rates: „Ich habe bei diesem Thema eine andere Auffassung vertreten.“ Der Begriff der „Ehe“ habe eine lange kulturelle und christliche Tradition als eine auf Lebenszeit angelegte verbindliche Verbindung von Mann und Frau. Ausschließlich sie könnten Kinder zeugen: „Das zeigt, dass die ,Eingetragene Lebenspartnerschaft‘ und die ,Ehe‘ trotz ihrer rechtlichen Gleichstellung dennoch in einem zentralen Wesensmerkmal unterschiedlich sind. Der Begriff der ,Ehe‘ sollte deshalb aus meiner Sicht nicht umdefiniert werden.“

Katholiken und Evangelikale kritisieren geplante Öffnung

Kritik an der Öffnung der Ehe kommt von der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz. Ihr Vorsitzender, Kardinal Reinhard Marx (München), hob hervor, dass „die Ehe – nicht nur aus christlicher Überzeugung – die Lebens- und Liebesgemeinschaft von Frau und Mann als prinzipiell lebenslange Verbindung mit der grundsätzlichen Offenheit für die Weitergabe von Leben ist“. Marx: „Wir bedauern, wenn dieser Ehebegriff aufgelöst werden soll und damit die christliche Auffassung von Ehe und das staatliche Konzept weiter auseinandergehen.“ Auch Evangelikale haben sich gegen die „Ehe für alle“ ausgesprochen, etwa die Deutsche Evangelische Allianz, die Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den evangelischen Kirchen Deutschlands und die ChristusBewegung „Lebendige Gemeinde“ (Korntal). In einer am 29. Juni veröffentlichten Erklärung schreibt der Vorstand der ChristusBewegung, er halte daran fest, dass das biblische Leitbild der lebenslangen Ehe zwischen Mann und Frau „unübertroffen“ bleibe. Wo die Ehe von gegenseitiger Liebe und Vertrauen geprägt sei, biete sie einen „hervorragenden Schutzraum“ für die Entfaltung von Sexualität sowie für die mögliche Weitergabe des Lebens: „Wir sind der Auffassung, dass der Staat auch weiterhin die Ehe in dieser Form schützen und fördern muss.“ Die Vereinigung appelliert an die Bundestagsabgeordneten, die „kostbare Institution Ehe“ nicht „kurzfristig und überhastet zum Spielball koalitionstaktischer Überlegungen“ zu machen. Die Vereinigung Evangelischer Freikirchen hat bislang noch keine Stellungnahme abgegeben. Bisher können sich homosexuelle Partnerschaften in vier EKD-Gliedkirchen trauen lassen: den evangelischen Kirchen in Baden, Berlin-Brandenburg, Hessen-Nassau und im Rheinland.

CDU-Abgeordnete: Von der evangelischen Kirche enttäuscht

Die Haltung der EKD in der Debatte um die „Ehe für alle“ schadet der Ökumene Berlin (idea) – Die protestantische Bremer Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann (CDU) hat die Haltung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der Debatte um die sogenannte „Ehe für alle“ scharf kritisiert. Der Deutsche Bundestag wird am 30. Juni über einen Gesetzentwurf zur Öffnung der Ehe entscheiden. Die Leitung der EKD – der Rat – hatte am 28. Juni in einer Stellungnahme die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften begrüßt. Motschmann: „Damit entfernt sie sich vom biblischen Zeugnis und folgt dem Zeitgeist. Sie entfernt sich auch von der Überzeugung vieler evangelischer Christen in den Gemeinden an der Basis.“ Zudem füge sie der Ökumene erneut Schaden zu. Motschmann äußerte ihre Haltung in einem Schreiben an den Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Karl Jüsten. Er hatte die voraussichtliche Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften scharf kritisiert und in einem Offenen Brief an alle Bundestagsabgeordneten dazu aufgerufen, dem Gesetzesvorhaben nicht zuzustimmen. Er nannte verfassungsrechtliche Bedenken. Ferner schrieb er: „Kirche, Staat und Gesellschaft teilen die Erfahrung, dass in der Ehe die Aspekte einer verlässlichen Paarbeziehung und der Weitergabe des Lebens der leiblichen Eltern an ihre Kinder in besonderer Weise verbunden sind.“ Auch Papst Franziskus habe in seinem Schreiben „Amoris Laetitia – Über die Liebe in der Familie“ zwischen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und Ehepaaren unterschieden.

Landesbischof Meister: Kommt die Öffnung der Ehe, werden auch wir uns anpassen

Der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, begrüßte in einer Stellungnahme die mögliche Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Die Kirche stelle eingetragene Lebenspartnerschaften genauso unter Gottes Wort und Segen wie die Ehen zwischen Mann und Frau. Die öffentlichen Segnungsgottesdienste unterschieden sich in zentralen Elementen – gegenseitiges Treueversprechen, Ringwechsel, Segenszuspruch – nicht von einer Trauung. Sollte der Bundestag die Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften öffnen, „werden wir die Bezeichnung des Segnungsgottesdienstes anpassen, denn nach evangelischem Verständnis segnet die Kirche eine staatliche vollzogene Trauung“, kündigte Meister an.