02.05.2009

Kabarettist und Theologe fordert Christen auf: "Werdet kein christlicher netter Kuschelclub!"

(Nürnberg) Der Kabarettist und Pastor Thorsten Hebel (Berlin) hat die Teilnehmer des Willow Creek Mitarbeiterkongress in Nürnberg dazu ermahnt,  kein "chronisch netter christlicher Kuschelclub" zu sein. Die Aufgabe der Christen in der heutigen Gesellschaft sei es auch nicht, immer „Recht zu haben“. „Wer von oben herab über andere Leute spricht, handelt zutiefst gegen den Geist des Evangeliums. Wer andere klein macht, kann keinen großen Gott haben“, so Hebel. 

Auch Gott, der seinen Sohn geopfert hat, kam nicht von oben herab, sondern habe sich selbst erniedrigt, in dem er Mensch geworden sei. In Anlehnung an den Theologen Dietrich Bonhoeffer sei „die Kirche nur dann Kirche, wenn sie für andere da ist. Sie müsse an den weltlichen Aufgaben des menschlichen Gemeinschaftslebens teilnehmen.“ Aus Hebels Sicht ist die Tat die Währung in der Gottes Liebe ausgezahlt wird.

Den Schöpfer in der heutigen Zeit groß zu schreiben, bedeute für die Menschen da zu sein, bedingungslos, ohne Rücksicht auf eigene Verluste und voller Toleranz. Dies habe zum Beispiel Mutter Theresa eindrücklich vorgelebt: „Der Mensch neben uns, der uns braucht, ist wichtiger als Recht zu haben.“

„Selbst wenn man Gott groß schreibt und ihn richtig buchstabiert, können einige Menschen ihn doch nicht lesen!“, gab der Referent zu bedenken. In einer Welt mit 862 Millionen Analphabeten, davon 4 Millionen in Deutschland, gelte es mit der Botschaft kreativ umzugehen. Für die Praxis wünschte er sich, dass sich die christlichen Werke unterstützen, statt sich argwöhnisch zu beäugen. „Stellt Euch eure Konzepte und euer Know-how gegenseitig zur Verfügung.“ Er gab den nahezu 4.000 Teilnehmern des Jugendkongresses „SHIFT“, innerhalb des Mitarbeiterkongresses mit, bereits auf dem Nachhauseweg von Nürnberg, nach der Devise zu handeln: „Nicht du für Gott! Sondern Gott durch dich!“

Erwin McManus: Jeder Mensch sucht nach Liebe 

„Unsere Seele sehnt sich nach gelingenden Beziehungen“, das sagte Erwin McManus, Pastor in Los Angeles (USA), an die rund 6.200 Teilnehmer des überkonfessionellen Willow Creek Mitarbeiter-Kongresses in Nürnberg. In jedem Menschen stecke das Bedürfnis nach Beziehungen und dem Wunsch nach einer Familie und Freundschaften. „Wir alle wollen einem Stand zugehören“, so der Pastor der multikulturellen Mosaic-Gemeinde in Los Angeles. Auch Menschen ohne Gott seien sich völlig bewusst, dass sie einer Gemeinschaft angehören wollen. „Menschen ohne Gott sehnen sich nach Liebe. Und Menschen mit Gott ebenfalls.“

Jeder Mensch suche nach Liebe. Liebe sei laut McManus als ob man auf zerbrochenem Glas gehe. „Wir sind gesund, wenn wir Liebe finden. Und noch gesünder, wenn wir Liebe austeilen.“ Wer Liebe durch Lust ersetze und Intimität durch Immoralität ersetze, höre damit auf, sich selbst zu lieben. Wenn man Angst habe, niemals geliebt zu werden, „entwertest und zerstörst du dich selbst.“

Statt auf Unterschiede zu schauen sollten Christen anderen Menschen mit Liebe begegnen. Doch Liebe mache die Menschen verletzlich: „Keiner kann dich mehr verletzten als jemand, der dich liebt. Die Liebe garantiert fast immer, dass du Erfahrungen des Schmerzes, der Einsamkeit oder der Lieblosigkeit machst.“

„Wir sind alle Bedeutungsmaschinen“ 

Alle Menschen hätten eine Sehnsucht nach Bedeutung, so McManus. „Menschen sind Bedeutungsmaschinen. Das besondere ist, dass wir oftmals Bedeutung schaffen“ – beispielsweise durch Gestik und Mimik oder Erfindungen wie den Morse-Code. Das Problem sei, dass Menschen zwanghafte Bedeutungsmaschinen sind, die allem Bedeutung gäben wollten. Das nenne man Aberglauben. Wenn das Leben keinen Sinn mehr mache, „geben wir uns Pornografie hin oder machen uns abhängig von etwas“, warnt McManus. Sein Aufruf an die Teilnehmer: „Sage Gott, was du wirklich auf dem Herzen hast. Wiederhole nicht irgendwelche leeren Worte.“

Freunde schauten nach etwas, das Sinn mache oder nach jemand, der ihnen Sinn gebe. Für Krebs dankbar sein? „Ein Mensch ohne Gott weiß: das macht keinen Sinn“, so der Pastor. Wieso also der falsche Umgang mit solchen Themen? McManus: „Der Grund ist, dass wir oft selber gar nicht wissen, was die Wahrheit ist.“ Weiter rät der Pastor dazu, alle Fragen ehrlich zu beantworten. Manchmal wisse auch er nicht die Gründe für Gottes Handeln. „Das größte Geschenk, das du der Welt geben kannst, ist ein authentisches Leben gegenüber der Welt.“

Multikulturelle Kirchengemeinde mit über 50 Nationen 

In der multikulturellen Mosaic-Gemeinde in Los Angeles kommen laut McManus über 50 verschiedene Nationen zusammen mit verschiedenstem Glauben: Buddhisten, Hindus, Atheisten, Muslime – sie alle bräuchten Jesus. Der Pastor: „Ich liebe es, dass Mosaic ein Platz ist, wo sich jeder treffen kann.“ Auch Atheisten oder Anders-Gläubige könnten ein Teil der Mosaic-Gemeinde sein. So komme es vor, dass ein Scientologe einen Atheisten mit zur Kirchengemeinde bringe. „Unsere Gemeinde ist eine Gemeinde, wo Leute, die Gott nicht kennen ihre Freunde mitbringen, die Gott auch nicht kennen. Das war schon immer mal ein Traum von mir.“

„Jeder Mensch lebt ein Leben des Glaubens“ 

 „Jeder Mensch der lebt, lebt ein Leben des Glaubens“, sagte McManus. Alle hätten Zukunftspläne wie Studium, Hochzeit oder Karriere. Selbst das Tanken sei nur dann notwendig, wenn man an eine Zukunft glaube. Wer keine Bedeutung fände, werde überwältigt von Zweifel und Furcht.

„Beim Atmen glaubst du an etwas, das du nicht sehen kannst. In gleicher Weise schreit deine Seele. Du brauchst Liebe, Glaube, Hoffnung. Ohne all das stirbt deine Seele. Die Welt sehnt sich nach einem Leben mit Beziehungen“, so der Pastor.

Alle Menschen sind einzigartig und doch gleich 

Von den 6,7 Milliarden Menschen auf der Erde habe jeder seinen eigenen Fingerabdruck. „Es ist wirklich wahr, dass wir alle unterschiedlich sind. Gleichzeitig sind wir auch alle gleich. Wir gehören alle zur Spezies der Menschen“, so der Pastor. „Es gibt Dinge, die für jeden von uns wahr sind und uns verbinden. Zum Beispiel hat jeder von uns das Bedürfnis zu essen.“

„Vielleicht glaubst du gar nicht, dass Gott existiert. Vielleicht hoffst du, dass es irgendwo in der Welt mehr zu entdecken gibt.“ Viele Atheisten stellten dem Pastor Fragen über den Glauben. Aber wenn McManus in einem Gespräch nicht alle Fragen beantworten könne, „ist es nicht, weil es Gott nicht gibt, sondern weil ich dumm bin“.