30.05.2002

Ist kein Tierschutz: Parteien koennen sich bei Spaetabtreibung nicht einigen

Berlin (ALfA). Waehrend sich die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien gestern darauf einigten, dem Tierschutz kuenftig Verfassungsrang einzuraeumen, erzielten sie bei der Frage nach dem Umgang mit Spaetabtreibung keine Einigung. Wie die evangelische Nachrichtenagentur epd berichtet, lehnten SPD und Gruene eine obligatorische Beratung vor Durchfuehrung einer vorgeburtliche Untersuchung auf Behinderungen des Kindes ab. Sie forderten stattdessen, im Mutterpass der Schwangeren auf den Rechtsanspruch auf Beratung sowie Beratungsangebote aufmerksam zu machen. Der Union, die die Zahl der Spaetabtreibungen verringern will, ging dies nicht weit genug. Einig waren sich die Fraktionen darin, dass Schwangere zu selten eine psychosoziale Beratung in Anspruch naehmen. In der medizinischen Beratung wuerden die Moeglichkeiten und Grenzen der praenatalen Diagnostik (PND) haeufig zu wenig eroertert, sagte die sozialdemokratische Abgeordnete Christel Riemann-Hanewinckel.

Die Union will die wachsende Zahl von Spaetabtreibungen eindaemmen. Sie brachte dafuer einen Antrag in den Bundestag ein, der sich besonders gegen die Abtreibung von ungeborenen Kindern richtet, bei denen Behinderungen festgestellt wurden. Laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) betonte die CSU-Abgeordnete Maria Eichhorn, Kernpunkt der Initiative sei eine umfassende Beratung der Eltern. Darueber hinaus wolle die Union den Paragrafen 218 um die Festlegung ergaenzen, dass eine absehbare Behinderung kein Grund fuer einen Schwangerschaftsabbruch sein koenne.

Die Bundesvorsitzende der "Aktion Lebensrecht fuer Alle" (ALfA), Claudia Kaminski sagte der Umgang der Parlamentarier mit dem Thema Spaetabtreibung sei beschaemend. 1997 haetten Medienberichte ueber das sogenannte Oldenburger Baby, welches seine eigene Abtreibung ueberlebte, das unsagbare Unrecht, das der Gesetzgeber 1995 mit der Reform des § 218 herbeifuehrte, fuer jeden offenbar gemacht. Fuenf Jahre spaeter nun befasse sich das Parlament mit der unertraeglichen Situation, dass Kinder, bei denen eine Behinderung festgestellt oder vermutet wird, bis zur Geburt getoetet werden koennen.

In einer Pressemitteilung fuehrte die Aerztin aus, waehrend der von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eingebrachte Antrag wenigstens einige der notwendigen Forderungen zur Eindaemmung der Spaetabtreibungen bereits lebensfaehiger Kinder mit Behinderungen enthalte, sei der daraufhin von den Regierungsparteien eingebrachte Antrag eine Farce.

In ihm beschraenkten sich die Fraktionen von SPD und Buendnis 90/Die Gruenen darauf, die Bundesregierung aufzufordern "sich beim Arbeitsausschuss Mutterschafts-Richtlinien des Bundesausschusses der Aerzte und Krankenkassen dafuer einzusetzen, dass der Rechtsanspruch auf Beratung Bestandteil der Informationen des Mutterpasses wird". Damit liessen sich jedoch die jaehrlichen 800 Toetungen von Kindern, die ausserhalb des Mutterleibes ueberlebensfaehig seien, nicht eindaemmen.

 

"Dass die Bundesregierung im uebrigen gar keiner Aufforderung durch die Koalitions-fraktionen bedarf, um das Gespraech mit den Aerzten und Krankenkassen zu suchen, hat sie gezeigt, als sie sich gegenueber dem Bewertungsausschuss der Aerzte und Krankenkassen Ende 2000 fuer eine hoehere Verguetung von vorgeburtlichen Kindstoetungen mittels der Abtreibungspille Mifegyne stark machte, nachdem die Firma Femagen den Vertrieb des Praeparates aus marktwirtschaftlichen Ueberlegungen eingestellt hatte", so Kaminski weiter.

Da es den Koalitionsparteien offensichtlich am Willen mangelt, die fatalen Auswirkungen der Reform des § 218 wenigstens bei den Spaetabtreibungen zu korrigieren, sei damit zu rechnen, dass der Antrag der Unionsfraktion, der jetzt an die Ausschuesse zur Beratung ueberwiesen wurde, dort nun auch so lange verschleppt werde, bis er am Ende der Legislaturperiode der Diskontinuitaet verfalle.

Die ALfA-Bundesvorsitzende kuendigte an: "Die ALfA wird die weitere Behandlung der Antraege sehr genau verfolgen. Das gilt auch fuer die Anstrengungen, welche die Union unternimmt, um ihren Antrag vor dem Verfall zu bewahren. In ihrem "Wahlkampf fuer das Leben" wird die ALfA die Waehlerinnen und Waehler ueber die Ergebnisse dann detailliert informieren."