12.05.2002

Kritik an rechtswidriger Abtreibung verletzt Persoenlichkeitsrecht

Stuttgart (ALfA). Das Oberlandesgericht Stuttgart hat dem Weinheimer Abtreibungsgegner Klaus Guenter Annen untersagt, oeffentlich Kritik an "rechtswidrigen Abtreibungen" zu ueben. Das berichtet die "Suedwest Presse" in ihrer online-Ausgabe (09.05.). Annen hatte Flugblaetter mit der Aufschrift "Stoppt rechtswidrige Abtreibungen" vor der Praxis eines Heilbronner Frauenarztes verteilt, der Schwangerschaftsabbrueche vornimmt. Dies verstosse gegen das Persoenlichkeitsrecht des Arztes, entschied der Zivilsenat am Mittwoch im Eilverfahren (Aktenzeichen 4U 5/02).

Abtreibungen in der gesetzlich vorgeschriebenen Form seien aus der Sicht eines unvoreingenommenen Publikums nicht rechtswidrig, argumentierte die Richterin Heidi Sulzberger-Schmitt. Annen werfe dem Frauenarzt daher ein "strafbares Handeln mit ganz erheblichem Gewicht" vor, naemlich dass er in seiner Praxis verbotene, vom Gesetzgeber nicht tolerierte Abtreibungen vornehme.

Annen verweist dagegen auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1993: Danach koennen Abtreibungen zwar straffrei bleiben, sind aber in jedem Fall rechtswidrig. Annens Anwalt Leo Lennartz kuendigte an, im Hauptverfahren bis vor den Bundesgerichtshof zu ziehen: "Wenn die Gesetzeslage vom unvoreingenommenen Publikum nicht richtig verstanden wird, dann ist der Gesetzgeber dringend aufgefordert, das klarzustellen."

 

Auch der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fuerst, reagierte mit Unverstaendnis: "Das Urteil traegt dazu bei, den Unwertcharakter der Toetung ungeborener Menschen zu verschleiern, und leistet denen Vorschub, die Abtreibung als Recht fuer sich reklamieren und den Vorrang des Lebensschutzes in Abrede stellen." Der Fall schlaegt auch deshalb Wellen, weil das Landgericht Heilbronn auf die Schwangerenkonfliktberatung der Kirche verwiesen hatte. Angesichts dieser Beteiligung kirchlicher und staatlicher Stellen an Abtreibungen koennten Abtreibungen nicht "rechtswidrig" genannt werden, entschied die Zivilkammer am 12. Maerz im Hauptsacheverfahren.

Der Koelner Kardinal Joachim Meisner hatte dieses Urteil als nachtraegliche Bestaetigung fuer die Anordnung des Papstes gewertet, aus der Konfliktberatung auszusteigen. Denn die Kirche, die mit ihrer Schwangerenberatung ungeborene Kinder retten wollte, werde nun fuer die Toetung dieser Kinder mitverantwortlich gemacht.