02.05.2002

Urteil loest Zustimmung und Erleichterung aus

Bruessel/Berlin/Dortmund (ALfA). Der Bundesverband Lebensrecht (BVL) hat das Urteil des Europaeischen Gerichtshofs fuer Menschenrechte ausdruecklich begruesst. "Die Richter haben klar gestellt, dass aus dem Recht auf Leben kein Recht auf Toetung folge", erklaerte die Vorsitzende des Verbandes, Claudia Kaminski.

Aus Sicht des BVL komme es in der oeffentlichen Debatte, die trotz der eindeutigen Entscheidung des Europaeischen Gerichtshofs fuer Menschenrechte nicht beendet sein werde, nun darauf an, sorgfaeltig zu unterscheiden. "Dabei gilt es vor allem deutlich zu machen, dass ein fundamentaler Unterschied zwischen der Toetung auf Verlangen und dem Sterbenlassen in Wuerde besteht. So gibt es keine Verpflichtung das Leben eines Sterbenden mit allen Mitteln der aerztlichen Kunst zu verlaengern. Das ist jedoch etwas voellig anderes, als die Toetung eines unheilbar Kranken", erklaerte die Aerztin.

Auch der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bioethik der groessten Fraktion im Europaeischen Parlament (EVP/ED), Peter Liese, begruesste das Urteil. "Damit ist einer gefaehrlichen Entwicklung zumindest vorerst Einhalt geboten worden. Aus einem Recht auf Sterbehilfe waere in unserer Gesellschaft schnell eine Pflicht zum Sterben geworden. Kranke, alte und schwache Menschen wuerden einem zunehmenden Druck ausgesetzt, der Gesellschaft nicht zur Last zu fallen. Das Urteil liegt auf einer Linie mit den Beschluessen der Parlamentarischen Versammlung und des Minister-Komitees, die festgestellt haben, dass ein Verlangen nach Toetung keine Toetung rechtfertigt", heisst es in einer Erklaerung des CDU-Europaparlamentariers.

In ihr weisst Liese auch darauf hin, dass ein Nein zur "Toetung auf Verlangen" allein nicht ausreiche. "Man muss alten, schwachen und sterbenden Menschen umfassende Hilfen zu Teil werden lassen. Hier hat die Parlamentarische Versammlung des Europarates schon 1999 mit dem sogenannten Gatterer-Bericht den richtigen Weg gewiesen. Einerseits geht es darum, die Rechte von Sterbenden zu staerken und zum Beispiel lebensverlaengernde Massnahmen wie kuenstliche Beatmung nicht gegen den Willen des Patienten weiter zu fuehren, andererseits muessen umfassende Hilfen angeboten werden. In der Hospizbewegung hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass im Falle einer umfassenden psychologischen und geistigen Betreuung der Wunsch nach Sterbehilfe abnimmt. In der Palliativmedizin sind nicht nur bei der Schmerzbekaempfung grosse Erfolge zu verzeichnen. Wer aus ethischen Gruenden gegen "Toetung auf Verlangen", das heisst aktive Euthanasie Stellung bezieht, muss auch fuer die Alternativen eintreten" so Liese weiter.

Auf positive Resonanz stiess das Urteil auch beim Praesidenten der Bundesaertzekammer, Joerg Dietrich Hoppe, der laut der katholische Zeitung "Die Tagespost" (Ausgabe vom 02.05.) von einer "Entscheidung fuer das Leben" sprach. Das Gericht habe bestaetigt, dass es kein Grundrecht auf aktive Sterbehilfe gebe.

Die "Deutsche Hospiz Stiftung" mit Sitz in Dortmund verweist auf neueste Forschungen. Danach muessten ALS-Kranke bei richtiger Behandlung nicht qualvoll sterben. Stiftungs-Aerztin Monika Schweihoff: "Wichtig ist, dass sie rechtzeitig aufgeklaert und palliativmedizinisch behandelt werden. Sie brauchen therapeutische Hilfe gegen Begleiterscheinungen der Krankheit wie Angst und Atemnot. Vor allem aber brauchen sie und ihre Angehoerigen psychosoziale Begleitung. Unter diesen Voraussetzungen haben sie keinen quaelenden Todeskampf, sondern schlafen in der Regel ruhig ein." Leider seien diese neuen Erkenntnisse noch weitgehend unbekannt. In Deutschland erkrankten jaehrlich 4000 Menschen neu an ALS.