26.03.2002

Peking: Das Reich der Mitte als Mekka der Klon-Forscher

Chinesische Wissenschaftler haben bereits Dutzende menschlicher Embryonen geklont, reden bisher aber kaum darueber. Das berichtete jetzt die Deutsche Presse-Agentur (dpa). "Wir klonen nur Embryonen fuer medizinische Zwecke", beteuert die Wissenschaftlerin Lu Guangxiu, die nach eigenen Angaben schon seit zwei Jahren im Xiangya Medical College in Changsha (Provinz Hunan) Embryonen zu therapeutischen Zwecken klont. Andere Institute in China verfolgten aehnliche Klon-Projekte. "Aber nicht viele", sagt Lu Guangxiu, deren Arbeit fuehrend ist. "Das ist Forschungsarbeit auf sehr hohem Niveau." Die meisten klonten deswegen Tiere.

Beim therapeutischen Klonen und der Stammzellen-Forschung setzt China laut dpa zu einem grossen Sprung nach vorn an. Mit den ersten geklonten Embryonen lag Lu Guangxiu weit vor der US-Firma Advanced Cell Technology (ACT), die im November mit der Mitteilung, einen Embryo geklont zu haben, weltweit Proteste ausgeloest hatte. Ethische Fragen sind China nicht fremd, doch sehen nur wenige Chinesen in einem Embryo ein menschliches Wesen. Auch bezieht sich das Verbot der Pekinger Regierung, Menschen zu klonen, nicht auf das therapeutische Klonen von Embryonen.

Lu Guangxiu verraet laut dpa nicht viel ueber ihre Arbeit, die bald in einem westlichen Wissenschaftsmagazin publiziert werden soll. Doch bestaetigte sie einen Bericht im "Wall Street Journal", wonach fuenf Prozent der geklonten Embryonen in ihrem Labor die Blastozyste-Stufe erreicht haetten. In diesem fruehen Stadium lassen sich dem Embryo die von Forschern begehrten Stammzellen entnehmen, die Lu Guangxiu isoliert und ueber drei Generationen entwickelt hat. Da ihre Arbeit grosse Mengen Eizellen erfordert, wurden Frauen in ihrer Befruchtungsklinik einfach gebeten, ueberschuessige Eizellen zu spenden.

Einer der schaerfsten Kritiker dieses Zustandes ist Ba Denian, pensionierter Praesident der Medizinischen Akademie: "Es muss klar gesagt werden, was gemacht werden darf, wie weit jemand gehen kann, wem solche Arbeiten erlaubt werden und wie es ueberwacht wird." Er fuerchtet: "Ohne Kontrolle ist der naechste Schritt das Klonen von Menschen." Mit Blick auf Forscher, die sowohl mit tierischem und menschlichem Erbgut arbeiten, sagt Ba Denian: "Was einige Leute da tun, ist nicht richtig."

 

Doch niemand weiss ueberhaupt, wer in China was tut. Nach Auskunft des britischen Magazins "New Scientist" ist noch keines der chinesischen Experimente in einem angesehenen Fachjournal veroeffentlicht worden, die Artikel von Gutachtern pruefen lassen. Fest steht dennoch, dass sich eine grosse Zahl von Universitaeten und Instituten mit Klonen und Stammzellen beschaeftigt. Professor Chen Xigu vom der Zhongshan Medizinischen Universitaet in Kanton etwa pflanzte menschliches Erbgut in die Eizelle eines Kaninchens, um Stammzellen zu gewinnen.