23.06.2002

Mildes Urteil fuer Spaetabtreiber: Verteidigung beantragt Revision

Goerlitz. (ALfA) Im sogenannten Goerlitzer Abtreibungsprozess hat das Landgericht Goerlitz den ehemaligen Chef der Zittauer Frauenklinik zu einer Bewaehrungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Die Richter befanden den 64-Jaehrigen des versuchten Totschlags in Tateinheit mit versuchtem Schwangerschaftsabbruch und Koerperverletzung fuer schuldig. Mit seinem Urteil blieb Gericht blieb deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die drei Jahre und zehn Monate Haft sowie ein fuenf-jaehriges Berufsverbot gefordert hatte. Dem Mediziner war vorgeworfen worden, vor drei Jahren eine Abtreibung ohne Indikation im siebenten Monat vorgenommen zu haben. Anschliessend soll er das an Zwergenwuchs leidende Kind, das den Eingriff ueberlebt haben soll, Mund und Nase zugedrueckt und es so erstickt haben. Die Verteidigung hat inzwischen Revision beantragt.

Die Bundesvorsitzende der ALfA, Claudia Kaminski, reagierte auf das "milde Urteil" mit Erstaunen und erinnerte daran, dass das Kind zum Zeitpunkt seiner Abtreibung bereits ausserhalb des Mutterleibes ueberlebensfaehig gewesen sei. Unverstaendlich sei auch, dass die Richter dem Arzt seinen guten Ruf als Geburtshelfer zu Gute hielten, obwohl bekannt sei, dass dieser in einem anderen Fall einer Frau ohne deren Einverstaendnis einen Eierstock und die Gebaermutter entfernt hatte. "Es ist schon ueberaus merkwuerdig, dass zwar ueberall das schreckliche Schicksal, das Kinder bei der Spaetabtreibung erleiden, eiligst beklagt wird. Wenn es aber darum geht, etwas dagegen zu tun oder dieses Unrecht zu bewerten, werden ploetzlich ganz andere Signale gesetzt", sagte die Aerztin.