24.07.2002

Peter Strauch: Biblisches Christsein hat immer Öffentlichkeitscharakter

Der Allianzvorsitzende vor der Presse in Bad Blankenburg zum Tagungsthema „Um Gottes Willen: Konsequent“

Peter Strauch: Biblisches Christsein hat immer Öffentlichkeitscharakter

Der Allianzvorsitzende vor der Presse in Bad Blankenburg zum Tagungsthema „Um Gottes Willen: Konsequent“

Christen werden in unserer Gesellschaft problemlos akzeptiert, solange sich ihr Glaube in frommer Innerlichkeit erschöpft. Man kann in diesem Land die verrücktesten Dinge glauben, aber man darf daraus keine verbindliche Wahrheit ableiten oder gar öffentliche Konsequenzen ziehen. Das Wort Friedrichs des Großen vom Staat, in dem „jeder nach seiner Fasson selig werden“ darf, wird heute zur moralischen Beliebigkeit erweitert. Ethische Werte und Maßstäbe scheinen jede Bedeutung zu verlieren. Wer es wagt, im wirtschaftlichen oder gar sexualethischen Bereich biblische Positionen zu vertreten, wird schnell zum gefährlichen Fundamentalisten abgestempelt. Darin versteht die „tolerante“ Gesellschaft keinen Spaß.

Nun plädieren wir nicht dafür, die Verbindung zwischen „Thron und Altar“ wieder aufzurichten. Auch wir sind selbstverständlich für Toleranz und die Gleichheit aller vor dem Gesetz (Artikel 3 des Grundgesetzes), für Glaubens- und Gewissensfreiheit (Artikel 4) und die Freiheit von Meinung, Kunst und Wissenschaft (Artikel 5). Niemand darf zu einer religiösen Einstellung gezwungen werden.

Aber wer sich auf Gott beruft, vom Willen Gottes redet und sich gar ein Christ nennt, muss begreifen, dass das Konsequenzen hat. Dietrich Bonhoeffer hat uns unmissverständlich bewusstgemacht, dass Glaube und Nachfolge nicht voneinander zu trennen sind (Nur der Glaubende ist gehorsam und nur der Gehorsame glaubt). Ich kann nur dann ein glaubwürdiger Christ sein, wenn ich konsequent lebe, was Gott sagt. Das gilt privat und öffentlich, im persönlichen wie auch im gesellschaftlichen Leben. Biblisches Christsein hat immer Öffentlichkeitscharakter. „Ihr seid das Licht der Welt, das Salz der Erde,“ sagt Jesus seinen Leuten. Und da Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde ist, gilt sein Wille global. Das haben Christen zeichenhaft mit ihrer ganzen Existenz deutlich zu machen, und genau das ist das Thema dieser Konferenz.

In einer demokratischen Gesellschaft ergibt sich daraus eine besondere Verantwortung. Dazu einige Beispiele:

Wer glaubt,

...dass auch der ungeborene Mensch in den Augen Gottes eine liebenswerte Persönlichkeit ist, kann unmöglich die Tötung eines solchen Lebens widerspruchslos hinnehmen (über 135 000 Abtreibungen im Jahr).

...dass Gott die Wahrheit ist und jede Lüge verurteilt, muss konsequenterweise auch im politischen und wirtschaftlichen Leben diesen Maßstab akzeptieren (Spendenskandale und Korruptionsaffären in fast allen Parteien).

... dass die Warnung vor der Macht des Geldes biblisch und damit verbindlich ist, kann konsequenterweise nicht den üblichen und allgemein anerkannten Tanz um Aktienkurse und Daxwerte mittanzen (Machtpoker der Konzerne, Karriere vor Familie).

...dass die biblische Ehe eine lebenslange Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau ist, kann konsequenterweise weder die lockere Scheidungspraxis (in Deutschland ca. 420.000 Eheschließungen gegenüber 200.000 Scheidungen) noch die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften bejahen (Karlsruher Urteil)

... dass menschliches Leben eine einzigartige Gabe Gottes ist, muss konsequenterweise die Forschung mit embryonalen Stammzellen ablehnen (Stammzellenimport)

Peter Strauch