24.07.2002

Kirche soll sich auf Diakonie, Gottesdienst und Religionsunterricht konzentrieren

Thüringens Bischof Kähler: Nach „Erfurt“ strömten Schüler in die Kirchen

Kirche soll sich auf Diakonie, Gottesdienst und Religionsunterricht konzentrieren

Thüringens Bischof Kähler: Nach „Erfurt“ strömten Schüler in die Kirchen

B a d B l a n k e n b u r g, 24. Juli 2002 - Für eine Konzentration der kirchlichen Angebote hat sich der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Thüringen, Christoph Kähler (Eisenach), am 24. Juli im thüringischen Bad Blankenburg ausgesprochen. In einem Grußwort vor mehr als 2.000 Besuchern der Allianz-Konferenz nannte er als Kernaufgaben Diakonie, Gottesdienste und Religionsunterricht. Hier sei es zu einer Trendwende gekommen. Während es in der früheren DDR nicht möglich gewesen sei, in der Schule über den christlichen Glauben nachzudenken, nehme heute jeder vierte Thüringer Schüler am Religionsunterricht teil. Nach dem Schulmassaker in Erfurt seien Jugendliche massenweise in die Kirchen geströmt, um Klagen zu formulieren, Trost zu suchen und Antworten auf die Frage nach dem Warum zu bekommen. Dabei hätten auch die guten Erfahrungen mit den Friedensgebeten im Wendejahr 1989 eine wichtige Rolle gespielt. An der Verkündigung beteiligten sich zunehmend Ehrenamtliche, sagte Kähler. Aus Geldmangel habe die Kirche die Zahl der Pfarrer und anderer Mitarbeiter in den vergangenen Jahren um ein Drittel gesenkt. Dennoch blieben die Kirchen in den neuen Bundesländern auf finanzielle Unterstützung aus dem Westen angewiesen.

Niemand darf Herr über Leben und Tod anderer sein

Kähler zufolge müssen Christen immer bereit sein, wesentliche Inhalte ihres Glaubens spontan weiterzugeben. Das biblische Menschenbild sei nicht negativ, wie die weitgehend atheistische Bevölkerung der neuen Bundesländer überzeugt sei, sondern gebe jedem Menschen eine besondere Würde als Ebenbild Gottes. Niemand dürfe Gott spielen und Herr über Leben und Tod anderer sein wollen. Dies bewahre vor Unbarmherzigkeit. Zu den frohmachenden Botschaften des Christentums gehöre auch das Wissen, daß Gott allen gescheiterten Menschen einen Neuanfang ermögliche.

Tägliches Gebet für den Bürgermeister im Koma

Der Bürgermeister von Bad Blankenburg, Michael Papst (CDU), wünschte den überwiegend 15- bis 30jährigen Konferenzteilnehmern die Erfahrung, daß Gott sie durch Lebenskrisen hindurch trage. Er hatte im März einen schweren Autounfall und lag danach vier Wochen im Koma. Während dieser Zeit begannen junge Christen, täglich für das Stadtoberhaupt und seine Familie zu beten. Auch nach der weitgehenden Genesung von Papst setzen sie ihre Aktion fort. Heute beteten sie für Kranke und Arbeitslose sowie soziale Nöte in der Stadt und in Deutschland, berichtete Susanne Chmell, eine Urenkelin von Pastor Ernst Modersohn (1870-1948), der von 1906 bis 1910 Leiter des Allianzhauses war. Wie Papst appellierte auch sie an die Besucher: „Gebt Gott in eurem Leben eine Chance“.