30.01.2002

Zur Entscheidung des Deutschen Bundestags am 30. Januar 2002 - Zulassung des Imports von Stammzellen unter strengsten Auflagen - erklärt die Deutsche Evangelische Allianz:

Die gestrige Entscheidung der Mehrheit des Deutschen Bundestags, den Import von Stammzellen nach Deutschland zu Forschungszwecken zuzulassen, ist ein Schlag gegen die verfassungsrechtlich höchste Norm unseres Staates und unserer Gesellschaft, die Würde aller Menschen zu schützen. Die jetzige Entscheidung ist ein weiterer Dammbruch in einer Reihe von Entscheidungen früherer Jahre, die zum immer weiteren Substanzverlust bei der Achtung und beim Schutz der Menschenwürde führten. Wir erinnern als Beispiel an die Erlaubnis zur „rechtswidrigen, aber straffreien“ Tötung hunderttausender Kinder im Mutterleib und an die Möglichkeit, vermutlich später behinderte Kinder bis unmittelbar vor ihrer Geburt „rechtmäßig“ zu töten.

Jetzt ist der über zehn Jahre haltende Damm des hervorragenden Embryonenschutzgesetzes durchstoßen worden. Darin ist die „überzählige“ Schaffung von Embryonen nicht zugelassen. Es wurde als Unrecht gebrandmarkt und unter Strafandrohung gestellt. Dass man sich mit der gestrigen Entscheidung jetzt aber nicht scheut, dieses in Deutschland als Unrecht festgestellte Fehlverhalten - zu Gunsten wirtschaftlicher Interessen und oberflächlicher Heilungsversprechen - im Ausland durch den Ankauf zu legitimieren, zeigt den Verfall der Moral. Und dieser Beschluss sorgt auf diesem tödlichen Markt mit Sicherheit für neue Angebote.

Wir sind dankbar, dass sich die Vorsitzenden des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz eindeutig gegen die drohende Entscheidung des Deutschen Bundestags gewandt haben. Weil die jetzt getroffene Entscheidung aber im Lichte der jahrzehntelangen menschenverachtenden Rechtsentwicklung gegenüber ungeborenen Menschen liegt, bitten wir die beiden großen Kirchen in Deutschland, konsequent und uneingeschränkt genauso gegen den Skandal einzutreten, der seit Jahrzehnten durch die Zulassung von Kindestötungen im Mutterleib mit staatlicher Tolerierung und weithin öffentlicher Finanzierung geschieht. Das Urteil des Heilbronner Landgerichts, die Mitwirkung von kirchlichen Stellen als Indiz für die Rechtmäßigkeit von Abtreibungen zu betrachten, zwingt zu einer grundsätzlichen Umkehr. Es genügt nicht, jetzt dafür einzutreten, „damit dieser Beschluss nicht zu einem Dammbruch führt“ (Presseerklärung der EKD und der Katholischen Kirche). Vielmehr ist es zwingend nötig, neue Dämme zu errichten. Das biblische Gebot

„Du sollst nicht töten“

muss wieder uneingeschränkt gelten.

Peter Strauch, 1. Vorsitzender
Hartmut Steeb, Generalsekretär