27.01.2002

Vor der Entscheidung: Stammzellenimport oder nicht, das ist hier die Frage

Berlin (ALfA). Wenige Tage vor der entscheidenden Abstimmung im Deutschen Bundestag geraten die Befuerworter eines Imports embryonaler Stammzellen, fuer deren Herstellung Menschen im fruehen Stadium ihrer Entwicklung getoetet werden, zunehmend unter Druck. Dies berichtet die Katholische Zeitung "Die Tagespost" Nachdem sich die Import-Gegner am Mittwochabend auf einen einzigen gemeinsamen Entwurf einigten, muessen die Befuerworter fuerchten, bei der Abstimmung am 30. Januar fuer keinen ihrer Antraege eine Mehrheit zu erhalten.

Der Grund: Unter den Verfechtern der Forschung mit embryonalen Stammzellen gehen die Ansichten ueber die Notwendigkeit von Auflagen und deren Ausgestaltung weit auseinander. So ist bereits der Versuch gescheitert, die beiden weitreichendsten Entwuerfe der Import-Befuerwortern zu einem einzigen zusammenzufuehren. Wie die ostdeutsche CDU-Abgeordnete Katherina Reiche erklaerte, wollen sowohl die vehementen Befuerworter der embryonalen Stammzellenforschung in der Union als auch nahezu die gesamte FDP-Fraktion ueber einen Import hinaus, auch die Herstellung von Stammzellen in Deutschland ermoeglichen.

Die FDP beabsichtigt dazu das Embryonenschutzgesetz (ESchG) zu aendern, das die Toetung menschlicher Embryonen untersagt. Dagegen erwaegt die Gruppe um Reiche, der dem Vernehmen nach rund vierzig Unionspolitiker angehoeren, darunter die CDU-Politiker Suessmuth, Geissler, Hintze, Schaeuble und Scholz, derzeit keine AEnderung des ESchG. Man wolle das Gesetz gegenwaertig nicht antasten, sondern sich lediglich die Option dazu offen halten, erklaerte Reiche. Da die Positionen "zu weit auseinander" laegen, werde es nun doch keinen gemeinsamen Entwurf geben. Am Mittwoch hatten beide Gruppen noch angekuendigt, ihre Antraege zusammenlegen zu wollen.

Daher werden voraussichtlich diese beiden Antraege am kommenden Mittwoch die erste Abstimmungsrunde im Bundestag nicht ueberstehen. Die Parlamentarischen Geschaeftsfuehrer haben sich darauf verstaendigt, zwei Abstimmungsgaenge durchzufuehren. In einer ersten Runde soll ueber saemtliche bis dahin eingebrachten Antraege abgestimmt werden. Danach sollen nur noch jene zwei Antraege zur Wahl stehen, welche zuvor die meisten Stimmen erhalten haben.

Dass sich die Gegner der embryonalen Stammzellforschung auf einen einzigen Entwurf einigen konnten, ist den Initiatoren des Antrages um den kirchenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Hermann Kues (CDU) zu verdanken. Sie hatten ihre Bedenken gegen die Beteiligung an einen fast gleichlautenden interfraktionellen Antrag - weil dieser auch von zahlreichen PDS-Abgeordneten unterstuetzt worden war - zurueckgestellt, um die Chancen fuer eine Import-Verbot zu erhoehen.

In dem nun gemeinsamen Antrag, heisst es jetzt: "Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sicherzustellen, dass der Import von Stammzellen, die aus menschlichen Embryonen gewonnen worden sind, dem Geist des Embryonenschutzgesetzes entsprechend nicht zugelassen wird" und ethisch unproblematische Alternativen wie die "Forschung an adulten Stammzellen, verstaerkt zu foerdern". Weiter heisst es: "Das Importverbot soll durch eine gesetzliche Regelung klargestellt werden."

Ob sich allerdings die Mehrheit der rund 660 Parlamentarier hinter diesem Antrag versammeln wird, gilt weiterhin als offen. Unions-Vize Maria Boehmer (CDU), die wie Horst Seehofer (CSU) den Import embryonaler Stammzellen unter einen "Erlaubnisvorbehalt" stellen wollen, haben sich inzwischen mit der Vorsitzenden der Enquete-Kommission, Margot von Renesse und dem Parlamentarischen Staatssekretaer im Forschungsministerium Wolf-Michael Catenhusen (beide SPD) sowie ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer ebenfalls auf einen gemeinsamen Antrag verstaendigt. Dies berichte die Katholische Nachrichtenagentur (KNA).

 


(mehr dazu: www.die-tagespost.de, www.kna.de)