28.04.2002

In zweiter Instanz: Heilbronner Urteil findet moeglicherweise Bestaetigung

Heilbronn (ALfA). Der Weinheimer Abtreibungsgegner Guenter Annen, dem das Landgericht Heilbronn Anfang des Jahres ein Ordnungsgeld von bis 250.000 Euro oder sechs Monaten Haft androhte, fuer den Fall, dass er noch einmal Flugblaetter vor der Praxis eines Heilbronner Frauenarztes verteile, auf denen stand: "Stoppt rechtswidrige Abtreibungen in der Praxis von . . .", geht in die naechste Instanz. Das berichtet die "Heilbronner Stimme" (Ausgabe vom 25.04.).

Das Urteil des Landgerichts machte Schlagzeilen und wurde, unter anderem auch von den Kirchen, bundesweit stark kritisiert. Der Grund: Das Gericht bestritt zwar nicht, dass Abtreibungen "rechtswidrig" seien, vertrat jedoch die abenteuerliche Ansicht, dass ein unvoreingenommener Passant, also ein juristischer Laie, der vor der Praxis das Annen-Flugblatt in die Hand gedrueckt bekommt, davon ausgehen muessse, in der Praxis des Arztes wuerden illegale Schwangerschaftsabbrueche vorgenommen. Das aber entspreche nicht den Tatsachen.

Nun signalisierte, wie die Zeitung schreibt, der vierte Zivilsenat des Stuttgarter Oberlandesgericht Annen und seinen Anwaelten gestern Morgen, dass er durchaus der Argumentation des Heilbronner Gerichtes folgen koenne. Mit dem Flugblatt koenne der Eindruck entstehen, der Frauenarzt tue etwas Verbotenes und verstosse gegen das Gesetz, sagte die Vorsitzende Richterin Dr. Heidi Sulzberger-Schmitt laut der "Heilbronner Stimme". Das sei aber nicht der Fall. Beisitzer Dr. Juergen Herdrich betonte dem Blatt zufolge, dass der Zivilsenat ausdruecklich nicht darueber entscheide, ob Abtreibungen nun rechtswidrig seien oder nicht. Es gehe lediglich um eine Abwaegung zwischen den Persoenlichkeitsrechten des Frauenarztes und Guenter Annens grundgesetzliches verbrieftes Recht auf freie Meinungsaeusserung.

Annen erklaerte nach dem Gerichtstermin laut der Zeitung, dass er in seinem Flugblatt lediglich die Sprache des Bundesverfassungsgerichts benutzt habe. "Und das soll mir jetzt verboten werden." Der Anwalt des Frauenarztes sagte, sein Mandant empfinde den Protest als einen Versuch, die Frauen ins finstere Mittelalter der Engelmacherei zurueck zu treiben. Das Urteil soll erst am 8. Mai verkuendet werden, so das Blatt weiter.

Nach dem Gerichtstermin demonstrierte Guenter Annen stundenlang vor der Praxis des Heilbronner Frauenarztes.