21.04.2002

Dimap-Umfrage: Zwei Drittel lehnen den Import embryonaler Stammzellen ab

Berlin (ALfA). Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet in ihrer gestrigen Ausgabe (19.04., Seite 12) ausfuehrlich ueber die Ergebnisse einer repraesentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut dimap im Auftrag des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL) durchgefuehrt hat. Die bundesweite Erhebung "Beurteilung der neuen Moeglichkeiten der Biomedizin", die die Bundesvorsitzende des BVL, Claudia Kaminski, am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt hatte, wurde unter 1003 Personen (517 Frauen und 486 Maennern) im Alter zwischen 18 und "60 Jahren und aelter" durchgefuehrt und zeichnet auch hinsichtlich der Unterschiede beim Bildungsniveau, der Erwerbstaetigkeit sowie der Konfession ein repraesentatives Bild:

Wie die FAZ schreibt: ist das "auffaelligste Ergebnis, die grosse grundsaetzliche Uebereinstimmung von zwei Dritteln bis mehr als drei Viertel der Bevoelkerung". "Besondere Aussagekraft" gewinne die Umfrage dadurch, dass die konfessionelle Ausrichtung der Befragten offengelegt wurde. "363 Personen bekannten sich als evangelisch, 330 als katholisch und 53 als Angehoerige einer anderen Glaubensrichtung. 246 gaben an, keiner Religion anzugehoeren."

 

Der Umfrage zufolge halten 69 Prozent ein Gesetz fuer falsch, das den Import embryonaler Stammzellen erlauben will. Nur 24 Prozent halten ein solches fuer richtig. Bei den Frauen (74 Prozent) ist die Ablehnung gegen ein solches Gesetz deutlich hoeher als bei den Maennern (64 Prozent). Waehrend etwa 73 Prozent der Protestanten, 70 Prozent der Katholiken und 73 Prozent der Angehoerigen anderer Konfessionen ein solches Gesetz ablehnen, stoesst das Vorhaben des Gesetzgebers auch bei 63 Prozent der Befragten auf Ablehnung, die keiner Konfession angehoeren.

Darueber hinaus halten 71 Prozent der Befragten auch die Bestimmungen des strengen Embryonenschutzgesetzes, das es verbietet, einen Embryo fuer einen wissenschaftlichen oder medizinischen Zweck zu verwenden, der nicht dem Leben des Embryos dient, fuer richtig?. Nur 23 Prozent halten dies fuer falsch.

Die hohe Zustimmung, die das geltende Embryonenschutzgesetz von 1991 erfaehrt, ist auch hier bei Frauen (73 Prozent) hoeher als bei Maennern (69 Prozent), doch fallen die Unterschiede in den Auffassungen der Geschlechter deutlich geringer aus, als bei der Frage nach dem Gesetz zum Import embryonaler Stammzellen. Aehnliches gilt auch hinsichtlich der Konfession. So befuerworten nicht nur 73 Prozent der Protestanten, 72 Prozent der Katholiken und 77 Prozent der Angehoerigen anderer Konfessionen das Embryonenschutzgesetz, sondern auch 66 Prozent der Konfessionslosen.

Noch deutlicher und hinsichtlich des Ausmasses ueberraschend sind die Antworten auf die Frage nach dem Beginn menschlichen Lebens ausgefallen. Auf die Frage, ob es stimmt, "dass ein neuer Mensch im Augenblick der Verschmelzung der Samenzelle des Mannes und der Eizelle der Frau entsteht?", antworteten 76 Prozent der Befragten (78 Prozent der Frauen und 74 Prozent der Maenner) mit Ja, stimmt. Nur 17 Prozent (15 Prozent der Frauen und 20 Prozent der Maenner) vertraten die Ansicht: "Nein, stimmt nicht". Dass auch dies keine Frage des Glaubens ist, wird dadurch belegt, dass auch 74 Prozent der Konfessionslosen die Ansicht vertreten, dass es stimmt, dass mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle ein neuer Mensch vorliegt. Diese Auffassung wird von 75 Prozent der Protestanten, 79 Prozent der Katholiken und 76 Prozent der Angehoerigen anderer Konfessionen geteilt.

"Damit ist", so die FAZ, "fuer die politische Diskussion im Lande klar, dass die zuletzt vom fruehreren CDU-Vorsitzenden Schaeuble vertretene Auffassung, dass der Mensch erst mit der Einnistung der befruchteten Eizelle in der Gebaermutter beginne, keinen hinreichenden Rueckhalt in der Bevoelkerung insgesamt, aber auch nicht bei den religioes ungebundenen Buergern findet. Dies duerfte Auswirkungen auf die gegenwaertige Embryonenschutzdebatte nicht nur in der Oeffentlichkeit, sondern auch in CSU und CDU haben."

Eindeutiger faellt nur noch die Ablehnung des Klonens aus. Hier sind ganze 83 Prozent der Befragten (89 Prozent der Frauen und 77 Prozent der Maenner) dagegen, dass, obwohl in der Frage davon die Rede war, dass Wissenschaftler hier nach eigenen Angaben erste Erfolge erzielt haben, weiter in dieser Richtung auch nur geforscht wird. Nur 13 Prozent (7 Prozent der Frauen und 19 Prozent der Maenner) sind dafuer, dass die Klonforscher ihre Experimente fortsetzen. Auch hier gibt es keinen signifikanten Unterschied zwischen konfessionell Gebundenen und Konfessionslosen.

"Aus Sicht des BVL sprechen diese Umfrageergebnisse eine ganz klare Sprache", erklaert die BVL-Vorsitzende Kaminski in Berlin: "Die ueberwaeltigende Mehrheit der Bundesbuerger lehnt - und zwar unabhaengig davon, ob sie einer Kirche angehoeren - den Import embryonaler Stammzellen ab, will, dass die Experimente zum Klonen gestoppt werden, und am Embryonenschutzgesetz nicht geruettelt wird."

Andere Ergebnisse der Umfrage seien allerdings "aus Sicht der Lebensrechtler weniger erfreulich", sagte Kaminski laut der katholischen Zeitung "Die Tagespost" (Ausgabe vom 18.04.). Auf die Frage, ob sie fuer die Zulassung entsprechender Untersuchungen bei einer kuenstlichen Befruchtung seien, um Embryonen mit Behinderungen sofort erkennen und beseitigen zu koennen, antworteten 52 Prozent der Befragten (51 Prozent der Frauen und 53 Prozent der Maenner) mit "bin fuer die Zulassung". Nur 39 Prozent (39 Prozent der Frauen und 38 Prozent der Maenner) sind gegen die Einfuehrung. Auch wenn die Meinungsforscher nicht explizit nach der Praeimplantationsdiagnostik (PID) gefragt haetten, so liege doch die Vermutung nahe, dass die Befragten die PID bei ihrer Antwort vor Augen haetten, erklaerte Kaminski. Das sei "insofern verwunderlich, als die PID nach vorherrschender Rechtsauffassung durch das Embryonenschutzgesetz verboten ist, welches 71 Prozent der Befragten eben nicht geaendert wissen wollten." Offensichtlich sei dies nicht allen bekannt.

Unerfreulich sind fuer die Lebensrechtler auch die Antworten zur Euthanasie ausgefallen. Hier befuerworten 69 Prozent der Befragten mit Blick auf die Niederlanden die Moeglichkeit, einen Menschen unter bestimmten Bedingungen mit aktiver aerztlicher Hilfe zu toeten. Nur 25 Prozent lehnen dies ab. Kaminski raeumte ein, dass die Frage der Meinungsforscher ungluecklich gestellt worden sei und mutmasste, dass dies fuer das Ergebnis ausschlaggebend gewesen sei. So habe man die Umfrage im Nachhinein mit frueheren Meinungsbildern verglichen und festgestellt: "Immer wenn von den Meinungsforschern auch nach Alternativen gefragt wurde, wie etwa der modernen Schmerzmedizin, sah das Ergebnis anders aus. Dann stand die Mehrheit der Befragten der Euthanasie jeweils ablehnend gegenueber." Bedauerlicherweise sei dies bei dieser Umfrage nicht beruecksichtigt worden.

Auf die Frage, ob gegen die etwa 135.000 Abtreibungen, die laut offizieller Statistik in Deutschland durchgefuehrt werden, etwas unternommen werden sollen, meinten 46 Prozent (46 Prozent der Frauen und 47 Prozent der Maenner), dagegen "soll etwas unternommen werden". 41 Prozent (Frauen und Maenner zu gleichen Anteilen) standen dem ablehnend und 11 Prozent (12 Prozent der Frauen und 10 Prozent der Maenner) unentschieden gegenueber. Unter den Katholiken (51 Prozent) ist der Wunsch nach einer Veraenderung des Status Quo am groessten. Allerdings sind hier mit 12 Prozent auch die meisten unentschieden. 34 Prozent der Katholiken vertreten die Ansicht, gegen den gegenwaertigen Zustand solle nichts unternommen werden. Bei den Protestanten sind 47 Prozent, bei den Angehoerigen anderer Konfessionen 49 Prozent und bei den Konfessionslosen 37 Prozent der Meinung, dass gegen die hohe Zahl der jaehrlichen vorgeburtlichen Kindstoetungen etwas unternommen werden solle. 41 Prozent der Protestanten, 41 Prozent der Angehoerigen anderer Konfessionen und 53 Prozent der Konfessionslosen lehnen dies ab.

Dass die Rechtslage in Deutschland Spaetabtreibungen bis kurz vor der Geburt unter besonderer Beruecksichtigung der Umstaende der Schwangeren zulaesst, halten 49 Prozent (56 Prozent der Frauen und 42 Prozent der Maenner) fuer falsch. 41 Prozent (33 Prozent der Frauen und 50 Prozent der Maenner) halten dies fuer richtig. Unentschieden sind acht Prozent. Nach Konfession unterschieden ergibt sich folgendes Bild: 57 Prozent der Katholiken, 45 Prozent der Protestanten, 58 Prozent der Angehoerigen anderer Konfessionen und 43 Prozent der Konfessionslosen halten die geltende Rechtslage fuer "falsch". Als "richtig" bezeichnen 33 Prozent der Katholiken, 43 Prozent der Protestanten, 28 Prozent der Angehoerigen anderer Konfessionen und 53 Prozent der Konfessionslosen die gesetzlichen Bestimmung. Sieben Prozent der Katholiken, 10 Prozent der Protestanten, 13 Prozent der Angehoerigen anderer Konfessionen und drei Prozent der Konfessionslosen sind unentschieden.