07.04.2002

Bischof Huber: Mit PID droht Schwangerschaft auf Probe

Berlin (ALfA). Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Wolfgang Huber, hat vehementen Befuerwortern der Biotechnologie vorgeworfen, kranken Menschen oft uebertriebene Hoffnungen zu machen. "Heilungschancen werden oft handgreiflicher dargestellt als es stimmt", sagte Huber, der auch Mitglied des Nationalen Ethikrates ist. Der Bischof warnte am Mittwoch (27.03.) in Berlin davor, den Bundestags-Beschluss zum eingeschraenkten Import von menschlichen embryonalen Stammzellen als "Tueroeffner zu missbrauchen". "Ich hoffe, dass es eine stabile gesellschaftliche Koalition gibt, die dies um der Menschenwuerde willen nicht zulaesst", sagte Huber bei der Vorstellung seines Buches "Der gemachte Mensch - Christlicher Glaube und Biotechnik" (Wichern-Verlag, Berlin).

Darin aeussert sich der Bischof unter anderem kritisch zur vorgeburtlichen Diagnostik. Diese gelte vielen Aerzten inzwischen als normaler Bestandteil der medizinischen Schwangerschaftsvorsorge. Vielen Eltern schlage die Erwartung entgegen, dass sie sich diesem Teil der Vorsorge nicht verweigern koennten und sie die Konsequenzen ziehen muessten, wenn eine Krankheit festgestellt werde. "Eine Eingrenzung der Praenataldiagnostik ist nicht gelungen", sagte Huber. Vor diesem Hintergrund sei er skeptisch, dass es gelingen koenne, die Praeimplantationsdiagnostik, also die Untersuchung des befruchteten Eis vor Einsetzen in die Gebaermutter, auf wenige Risikofaelle zu begrenzen.

Im Gespraech mit der ausschliesslich im Internet erscheinenden "Netzzeitung" (Ausgabe vom 29.03.) sagte Huber, was zunaechst nur fuer eine kleine Gruppe von Paaren gedacht ist, koennte in der Praxis schnell zu einem Anspruch werden, den alle Paare fuer sich geltend machen wollen. "Mit der Praenataldiagnostik ist das doch auch schon so gelaufen. Damit wird der Gefahr fuer eine neue Art der Eugenik, naemlich der Selektion von Leben durch die zukuenftigen Eltern, Tuer und Tor geoeffnet." Huber nennt diese Schreckensvision "Schwangerschaft auf Probe".

Seine Befuerchtungen sieht Huber durch die Reaktionen der Forschungsorganisationen auf den Bundestags-Beschluss zum Import embryonaler Stammzellen bestaetigt: Peter Gruss, designierter Praesident der Max-Planck-Gesellschaft, und Vertreter der Deutschen Forschungsgemeinschaft hatten die beschraenkte Einfuhr embryonaler Stammzellen als Forschungshemmnis kritisiert. "Das ist eine Verhaltensweise, die das Vertrauen in den Umgang von Forscherinnen und Forschern mit diesem Beschluss eher untergraebt als foerdert."

 

"Das heisst aber keineswegs, dass ich forschungsfeindlich eingestellt bin", so Huber weiter, "der Zweck heilige aber eben nicht die Mittel". Der Embryo sei unabhaengig von seiner Entwicklungsstufe mehr als nur eine Sache. "Bereits der Zellhaufen ist eine Person - ein Mensch in Entwicklung". Huber plaediert deshalb dafuer, andere Wege als die verbrauchende Embryonenforschung zu beschreiten. Nicht eine Aenderung des Embryonenschutzgesetztes sei noetig, sondern eine "Aenderung dessen, wohin die Finanzmittel fliessen". Huber haelt eine Foerderung der Forschung an adulten Stammzellen oder foetalen Zellen aus Nabelschnurblut fuer sinnvoller und ethisch unbedenklich.