02.04.2001

Widerstreit: Versicherer fuehlen sich bei Gentests missverstanden

München (ALfA). Die Versicherungen sehen sich in der Debatte um die Gentechnik ungerechter Kritik ausgesetzt: "Wir wollen keinen gläsernen Patienten" sagte Achim Regenauer, Direktionsmitglied und Chefarzt beim weltgrössten Rückversicherungskonzern, der Münchner Rück, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Versicherungswirtschaft respektierten das Recht auf Nichtwissen. "Wir verlangen keine Gentests vor Abschluss einer Versicherung, und wir werden es auch nicht tun", zitiert die Agentur Regenauer. Ebenso klar sei seiner Ansicht nach aber auch, dass private Kranken- oder Lebens-versicherer Zugang zu Gen-Untersuchungen haben sollten, die ein Kunde freiwillig vornehmen lässt.

Hier droht laut dpa der Versicherungsbranche ein massiver Konflikt mit der Bundesregierung. Denn Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) wolle sicherstellen "dass nur der Patient und sein Arzt ein Recht auf Informationen aus Gentests haben." Ihrer Ansicht nach sei das eine "Selbstverständlichkeit". Wenn diese Selbstverständlichkeit in Frage gestellt werde, "dann müssen wir schon ein Gesetz machen", erklärt die Ministerin. Gut gelungen findet sie eine Regelung aus Österreich. Dort ist es Arbeitgebern und Versicherungsunternehmen verboten, die Ergebnisse von Genanalysen "zu erheben, zu verlangen, anzunehmen oder sonst zu verwerten."

 

Wenn ein ähnliches Gesetz in Deutschland verabschiedet würde, "dann hätten wir ein Problem", sagt dazu Gabriele Hoffmann vom Gesamtverband der Versicherungswirtschaft. Denn wenn ein Kunde auf Grund eines freiwilligen Tests wisse, dass er wahrscheinlich bald erkranke oder gar sterbe, müsse eine Versicherung dies erfragen dürfen. Nur so könne das jeweilige Risiko kalkuliert werden.

Achim Regenauer von der Münchner Rück fürchtet, dass Antragsteller, die alleine ihre Untersuchungsergebnisse kennen, bewusst sehr hohe Lebensversicherungen oder komfortable private Krankenversicherung abschliessen könnten - "und damit aus einem negativen Gentest Kapital schlagen", wie der Chefarzt es formuliert. Die Folge waeren höhere Kosten für die Versicherungsunternehmen - und höhere Tarife für alle anderen Kunden, warnt Regenauer.