01.04.2001

Keine Änderung des bewährten Embryonenschutzgesetzes

In der gegenwärtigen Diskussion um die Neufassung des Embryonenschutzgesetzes geht es darum, ob und unter welchen Voraussetzungen verbrauchende Forschung mit Embryonen erlaubt werden soll.

Verbrauchende Embryonenforschung verletzt die Menschenwürde und ist deshalb ein Verstoß gegen den obersten Verfassungsgrundsatz, Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantast-bar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“. Im Unterschied zu anderen Artikeln der Verfassung ist dieser Artikel auch nicht durch eine verfassungs-ändernde Mehrheit im deutschen Parlament abänderbar (Artikel 79 Abs. 3).

Zunehmend wird von Philosophen und Juristen unterschieden zwischen bloß biologisch menschlichem Leben einerseits, dem die Menschenwürde abgesprochen wird, und der menschlichen Person andererseits, der diese Würde zuerkannt wird. Dagegen ist festzustellen: Menschliches Leben darf nicht getrennt werden vom Leben der Person. Es beginnt mit der Verschmelzung von Samen- und Eizelle. Jede andere Festlegung im Blick auf den Beginn des Menschseins ist willkürlich. Das Leben hat also von allem Anfang an Menschenwürde. Ein abgestufter Rechtsschutz ist deshalb nicht zulässig.

Menschenwürde und Personsein sind keine empirisch begründeten Größen. Das besagt, daß die Menschenwürde nicht gleichzusetzen ist mit körperlichen, seelischen oder geistigen Fähigkeiten des Menschen, wie z. B. körperliche Unversehrtheit, Selbstbewußtsein, empirische Freiheit und Vernunft. Die Menschenwürde ist vielmehr mit dem Leben zugleich gegeben. Sie ist daher von allen Menschen anzuerkennen. Es steht daher keinem Menschen zu, die Würde, Mensch im Sinne von Person zu sein, anderen abzusprechen. Dieses Verständnis von Menschenwürde entspricht der biblischen Auffassung von der Gottesebenbildlichkeit, die dem ganzen menschlichen Leben von Gott vom Beginn bis zum Tod und darüber hinaus zugesprochen ist. Sie kann deshalb selbst durch schwere Krankheit oder Behinderung nicht verloren gehen. Daher steht es keinem Menschen zu, ein Urteil über den Lebenswert zu fällen, indem man zwischen „lebenswertem“ und „lebensunwertem“ Leben unterscheidet.

Die Menschenwürde und das in ihr begründete Lebensrecht dürfen auch zu Zwecken therapeutischer Ziele nicht angetastet werden.

Wir sehen dieses Verständnis von Menschenwürde, wie es im Grundgesetz verankert ist, durch folgende derzeit zur Diskussion stehende wissenschaftliche und therapeutische Methoden gefährdet:

- Alle Methoden, bei denen embryonales Leben verbraucht wird.
Dazu gehört die Forschung mit menschlichen Stammzellen, die aus
menschlichen Embryonen gewonnen werden zum Zweck des soge-
nannten „therapeutischen Klonens“. Ferner die „Präimplantations-
diagnostik“, da sie notwendig zu ihrer Entwicklung auf eine
verbrauchende Forschung mit Embryonen angewiesen ist und sie
unvermeidlich Embryonen erzeugt, die nicht in den Mutterleib
transferiert werden.

- Alle Methoden, die dazu herausfordern, zwischen „lebenswertem“
und „lebensunwertem“ Leben zu unterscheiden. Dies ist eindeutig bei
der Präimplantationsdiagnostik der Fall, da sie eigens zur
Selektion kranker Embryonen durchgeführt wird. Diese Problematik
liegt auch schon bei der pränatalen Diagnostik vor, weil nach der
Diagnose einer Behinderung in der Regel ein Schwangerschaftsabbruch
stattfindet.

Das Embryonenschutzgesetz steht in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz. Es darf deshalb weder geändert noch durch Ausnahmeregelungen ausgehöhlt werden.


28. März 2001 in Bad Blankenburg/Thüringen
Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz