23.03.2021
Türkei: Angriffe auf Protestanten zurückgegangen
Istanbul (IDEA)/23.03.2021– In der Türkei sind verbale und tätliche Angriffe auf Christen 2020 deutlich zurückgegangen. Das geht aus dem aktuellen Menschenrechtsbericht der Türkischen Evangelischen Allianz hervor. Sie nennt aber keine Zahlen. Als Grund für die Entwicklung vermutet der evangelikale Dachverband Folgen der Corona-Pandemie. So seien Christen durch die Schutzmaßnahmen weniger im Blick. Man hoffe, dass sich der Rückgang der Übergriffe auch nach der Pandemie fortsetze.
Dennoch gebe es weiter Anlass zur Sorge: So sei etwa ein chaldäisch-katholischen Ehepaar verschwunden und die Leiche der Ehefrau später gefunden worden. Außerdem habe es Übergriffe auf Kirchengebäude und Friedhöfe gegeben.
Außerdem seien Gottesdienstbesucher in vielen Städten von Personen angesprochen worden, die sich als Mitarbeiter des Geheimdienstes bezeichneten. Diese hätten ihnen Anreize geboten, Informationen über bestimmte Christen oder Kirchen zu liefern. Der Dachverband hält „diese Art von misstrauischem und intransparentem Vorgehen“ für „besorgniserregend“. Schließlich würden Kirchen nach den geltenden Gesetzen ohnehin beaufsichtigt und hätten Rechenschaft abzulegen.
Anerkennung von Kirchengebäuden weiter schwierig
Der Allianz zufolge ist es nach wie vor schwierig, eine offizielle Anerkennung für neue Kirchengebäude zu bekommen. Viele der von Protestanten genutzten Gebäude erhielten keinen offiziellen Status als Gebetsstätte. Wenn sich christliche Gemeinden bei den Behörden als Kirche vorstellten, würden sie gewarnt, dass sie nicht legal seien und geschlossen werden könnten.
Der Versuch, das Problem über die Gründung einer religiösen Stiftung oder eines Vereins zu lösen, sei mit dem 2020 geänderten Verbandsrecht deutlich erschwert worden.
Auch 2020 wurde ausländischen Geistlichen die Einreise verwehrt
Nach wie vor ist es christlichen Gemeinschaften nicht erlaubt, eigene geistliche Leiter in der Türkei auszubilden oder christliche Schulen zu eröffnen. Die evangelischen Kirchen lösten dieses Problem derzeit mit Schulungen und Seminaren in der Türkei. Theologischer Nachwuchs studiere im Ausland.
Zudem arbeiteten ausländische Geistliche in den Gemeinden. Wie schon im Vorjahr sei einigen von ihnen die Einreise in die Türkei verwehrt worden. 2020 hätten mindestens 30 Christen nicht wieder einreisen dürfen, darunter zehn US-Bürger, ein Brite, vier Deutsche und drei Koreaner. Mit ihren Familien seien mehr als 100 Personen direkt betroffen gewesen.
Die 2009 gegründete Türkische Evangelische Allianz vertritt nach eigenen Angaben über 170 protestantische Gemeinschaften. Die Mehrheit davon befindet sich in der Großstädten Istanbul, Ankara und Izmir. Allianz-Generalsekretär ist der Pastor der Karatas-Kirche in Izmir, Umut Sahin.
99 Prozent der rund 82 Millionen Einwohner der Türkei sind Muslime. Die Zahl der Christen liegt bei 125.000. Die meisten der 3.000 bis 5.000 evangelischen Christen sind ehemalige Muslime.
Quelle: Idea Schweiz