15.06.2021
Erstes deutsches Islamkolleg in Osnabrück eröffnet
Altbundespräsident Wulff: Ein Signal der Gleichberechtigung an die Muslime
Osnabrück (IDEA) – In Osnabrück ist das erste deutsche Islamkolleg (IKD) am 15. Juni offiziell eröffnet worden. Dort können sich islamische Theologen, die über einen Bachelor-Abschluss verfügen, in zwei Jahren unabhängig von ausländischen Einflüssen auf Deutsch zum Imam ausbilden lassen. Daneben werden auch Seelsorger oder Gemeindebetreuer geschult. Das Kolleg bildet Männer und Frauen aus. Derzeit sind 25 Personen eingeschrieben. Ziel des IKD ist es, jährlich mindestens 30 Absolventen zu verabschieden. IKD-Kuratoriumsvorsitzender ist Altbundespräsident Christian Wulff (Hannover). Er amtierte von 2010 bis 2012 als zehnter Bundespräsident und hatte 2010 mit seinem Satz mit dem Satz „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“ heftige Debatten ausgelöst. Wie er jetzt laut NDR sagte, ist das Islamkolleg „auch ein Signal an die Muslime der Anerkennung und Gleichberechtigung“. Nicht nur die junge Generation der Muslime in vielen Gemeinden wünsche, „dass sie in Deutschland und in deutscher Sprache ausgebildete Imame und Gemeindemitarbeiterinnen hat“. Er wisse, dass sich „immer mehr türkischstämmige Deutsche gegen eine übergriffige Art der Einmischung verwahren und ihren eigenen Weg gehen wollen“, sagte der CDU-Politiker mit Blick auf Spannungen mit dem islamischen Moscheeverband DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion).
Grünen-Politikerin spricht von Modellcharakter
Die Osnabrücker Bundestagsabgeordnete Filiz Polat (Bündnis90/Die Grünen) bezeichnete das Islamkolleg dem NDR zufolge als Meilenstein. Erstmals gebe es in Deutschland eine Imam-Ausbildung in Kooperation mit islamisch-theologischen Instituten, die vom Staat mitfinanziert werde: „Hier geschieht etwas, das vielleicht Modellcharakter für die Imam-Ausbildung in ganz Europa hat.“ Träger des Kollegs sind fünf deutsch-islamische Verbände, darunter der Zentralrat der Muslime sowie der Verband der Muslime in Niedersachsen.
Auch Frauen sind zugelassen
Nach den Worten von Direktor Bülent Uçar sind 20 Prozent der Kollegiaten Frauen. An der Diskussion, ob es überhaupt Imaminnen geben sollte, wolle sich das Kolleg nicht beteiligen: „Das müssen die Moscheegemeinden jeweils für sich entscheiden.“ Die Auswahl der angehenden Imame sei unabhängig von der Verbandszugehörigkeit. Der Bund und das Land Niedersachsen finanzieren die Einrichtung für fünf Jahre mit rund 5,5 Millionen Euro, haben aber inhaltlich kein Mitspracherecht. In Deutschland gibt es etwa 2.500 Moscheegemeinden. Schätzungen zufolge stammen mehr als 80 Prozent der dort tätigen Imame aus dem Ausland.