30.09.2020

„Moria darf sich nicht wiederholen“

Gemeinsames Statement von Vertreterinnen und Vertretern aus Bundespolitik, Kommunalpolitik, Zivilgesellschaft und Kirche zur Lage der Geflüchteten auf der Insel Lesbos

Lager auf Lesbos war zuletzt mit rund 13.000 Bewohnern völlig überfüll

Wir, Vertreterinnen und Vertreter aus Bundespolitik, Kommunalpolitik, Zivilgesellschaft und Kirche, haben das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos persönlich besucht. Wie viele andere haben wir die Zustände, die bereits lange vor den Bränden katastrophal waren, mit eigenen Augen gesehen. Die Leidtragenden sind die Menschen, insbesondere die Kinder, die weiterhin auf Lesbos ausharren und von denen wir einigen selbst begegnet sind. Wir sind uns einig:

  • Moria darf sich nicht wiederholen: Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union tragen die Verantwortung dafür, Mindestschutzstandards in allen Lagern für Geflüchtete auf europäischem Boden zu gewährleisten. Eine Situation wie im ehemaligen Lager Moria darf sich nicht wiederholen – nicht auf Lesbos und an keinem anderen Ort. Auf Lesbos muss jetzt schnelle Nothilfe im Sinne der Schutzsuchenden geleistet werden. Wenn humanitäre Mindeststandards vor Ort nicht erfüllt werden, müssen die Menschen an Orte gebracht werden, an denen dies der Fall ist – in Griechenland oder in anderen europäischen Staaten. 

 

  • Wir brauchen einen Perspektivwechsel: Insgesamt müssen mehr Geflüchtete – Schutzsuchende mit anerkanntem Flüchtlingsstatus und zusätzlich jene mit der höchsten Schutzbedürftigkeit – an sichere Orte in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten gebracht werden. Die große Aufnahmebereitschaft von Bundesländern, Kommunen und Kirchengemeinden muss ernst genommen werden. Insbesondere im Bereich Familienzusammenführung gibt es in Deutschland viele Möglichkeiten, geltendes Recht im Sinne der Schutzsuchenden in Griechenland besser umzusetzen.
  • Neue Diskussionsräume schaffen: Die Debatte über die Aufnahme von Geflüchteten findet derzeit auf vielen gesellschaftlichen Ebenen statt – allerdings mangelt es häufig an einer neutralen Dialogebene. Wir treten dafür ein, neue Diskussionsräume zu öffnen, vorhandene auszubauen und dabei insbesondere die Stimmen von vor Ort, das heißt zum Bespiel die Geflüchteten und Vertreter der kommunalen Behörden in Griechenland, verstärkt zu berücksichtigen.

 

Dr. Martin Dutzmann, Bevollmächtigter des Rates der EKD
Christoph Waffenschmidt, Vorstandsvorsitzender World Vision Deutschland
Luise Amtsberg, MdB Bündnis 90/Die Grünen
Prof. Dr. Lars Castellucci, MdB SPD
Frank Heinrich, MdB CDU
Uwe Heimowski, politischer Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz (EAD)
Dr. Ursula Löbel, Leiterin „Tolerantes und Sicheres Potsdam“
Robert Nestler, Legal Coordinator, Equal Rights Beyond Borders
Thomas Weigel, Erster Bürgermeister der Stadt Rottenburg