08.04.2025
Zum hilfreichen Umgang mit prophetischen Impulsen
Erleben, dass Gott auch heute noch redet - auf wertvolle Impulse hören
Auf wertvolle Impulse Gottes hören
Dankbar erleben wir, dass Gott auch heute noch redet. Auf diese wertvollen Impulse wollen wir hören. Hierfür ist es wichtig, dass Gebetseindrücke und prophetische Impulse in einem geschützten Raum geäußert und von Geschwistern geprüft werden können. Dabei ist im Neuen Testament der Auftrag zum prophetischen Reden untrennbar mit dem Auftrag zum Prüfen verbunden. Dabei meint das Prüfen nicht „nur“ die Bestätigung, Einordnung sowie das Hervorheben des Kerns des Reden Gottes, sondern es ist auch eine Hilfestellung, zur Reife zu gelangen. Dieser Lernprozess geschieht im Miteinander und betrifft prophetisch begabte Menschen genauso wie die Gemeinde und ihre Verantwortlichen. Im folgenden sind einige hilfreiche Aspekte für das Prüfen von prophetischen Aussagen zusammen gestellt.

Taube - ein Symbol des Heiligen Geistes
© af
- Den Geist löscht nicht aus; Prophetien verachtet nicht, prüft aber alles!
Das Gute behaltet, von jedem Anschein des Bösen haltet euch fern. 1.Thess 5,19-22 - Bei jedem aber wird der Geist in unterschiedlicher Weise sichtbar, damit es anderen nützt: … einem wird prophetisches Reden geschenkt, einem andern Fähigkeiten, die Geister zu beurteilen. 1.Kor 12,7-8.10
- Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch wie Schafe, in Wirklichkeit aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Mt 7,15-16
Der Auftrag zum prophetischen Reden und der Auftrag zum Prüfen stehen im NT nebeneinander; beide gehören zusammen. Versteht man den Auftrag des „Prüfens“ in einem weiteren Sinn, dann meint es die Hilfestellung, zur Reife zu gelangen. Das betrifft prophetisch begabte Menschen genauso wie die Gemeinde und ihre Verantwortlichen. Dafür bietet eine Lerngemeinschaft („Learning Community“) beste Voraussetzungen.
DIE NOTWENDIGKEIT DES PRÜFENS
Die schon zur Zeit des NT auftretenden Fehlentwicklungen zeigen, dass Prophetie geprüft werden muss (z.B. 2. Thessalonicher 2,1-2). Paulus fordert in 1. Thessalonicher 5,19-22 auf, den Geist nicht auszulöschen und Prophetien nicht zu verachten, aber auch zu prüfen. Das Gute gilt es zu behalten und sich von allem, was ungut aussieht, fernzuhalten. Diese Prüfung ist auch heute notwendig, um zwischen echten und falschen Prophetien zu unterscheiden. Wichtig ist dabei: Prophetie darf nicht abgelehnt werden, sondern soll mit offenem Herzen empfangen und dabei auf ihre Echtheit überprüft werden. Prüfen orientiert sich an einer dreifachen Unter-„Scheidung“, nämlich von Gottes Geist, menschlichem Geist und nichtgöttlichem Geist. Dabei ist zu beachten: Wie alles menschliche Bemühen kann sowohl das prophetische Reden wie das Prüfen fehlerhaft sein. Alle unsere Schätze befinden sich in tönernen Gefäßen.
KRITERIEN FÜR DAS PRÜFEN
I. PROPHETIE ALS „AUFERBAUUNG, ANSPORN UND ZUWENDUNG GOTTES“
Anders als im landläufigen Verständnis legt Prophetie den Fokus nicht auf die Vorhersage der Zukunft, sondern auf den konkreten Willen Gottes für das Hier und Jetzt. In 1. Korinther 14,3-4 nennt Paulus die Hauptinhalte: „Auferbauung, Ansporn und die erfahrbare Zuwendung Gottes (so die Bedeutung von ‚Trost‘)“. Prophetie soll die Gemeinde stärken, zur Christusnachfolge anspornen und Gottes Nähe in Krisenzeiten vermitteln. Sie führt Menschen näher zu Gott und fördert das geistliche Wachstum. Daraus lassen sich einige Prüffragen ableiten:
Frage 1: „Bringt die Prophetie uns Gott näher?“
Echte Prophetie offenbart Gottes Gegenwart und stärkt den Glauben, während falsche Prophetie Verwirrung, Druck oder den Rausch einer überspannten Begeisterung erzeugt. Prophetie hat aber immer den primären Zweck, die Liebe zu Gott und die Gemeinschaft mit Jesus zu vertiefen.
Frage 2: Baut Prophetie den Leib Christi auf?
Dient Prophetie der Entwicklung der Gemeinde – so der Sinn des Begriffs der „Auferbauung“ hier – und klärt sie Gottes Willen für uns hier und jetzt? Prophetie muss den Leib Christi – und damit Einheit unter
der Herrschaft Jesu – fördern, nicht Spaltung oder Konflikte. Wenn Prophetie Zwietracht sät, ist nicht der Geist Gottes am Werk. Zugleich führt Prophetie aber auch zur Scheidung, nämlich von „allen Formen des Bösen“. Damit hat sie eine „kritische“ Funktion: sie identifiziert das Böse und Problematische und warnt davor. Prophetie muss zudem die geistlichen Verantwortlichen respektieren. Sie sollte nicht willkürlich verbreitet werden, sondern im Einklang mit dem Leib Christi geprüft und umgesetzt werden. Das geschieht häufig durch die jeweils zuständige Leitung.
Frage 3: Führt Prophetie zur Reife und Christusähnlichkeit?
Prophetie sollte das Wachstum in die Reife Christi fördern, nicht die Beliebigkeit oder verwirrende Lehrmeinungen. Die Empfänger tragen die Verantwortung für die Prüfung einer Prophetie und dürfen diese nicht ungeprüft übernehmen. Umgekehrt muss der Prophet das Gewissen der Adressaten respektieren und darf sie nicht unter Druck setzen. Jeder Christ muss also vor Gott prüfen, ob und inwiefern eine Prophetie für ihn relevant ist. Auch Propheten sind nicht fehlerfrei. Die Prüfung durch die zuständigen Verantwortlichen setzt Lernbereitschaft und wachsende Reife auf beiden Seiten voraus, denn Propheten wie Prüfende können irren.
II. DAS CHARISMA DER „UNTERSCHEIDUNG DER GEISTER“
Die Geisterunterscheidung ist ein vom Heiligen Geist gewirktes Gespür, das hilft, die Quelle geistlicher Aussagen zu erkennen. Selbst faktisch richtige Aussagen können aus einer falschen Quelle stammen, wie im Fall der Wahrsagerin in Apostelgeschichte 16,16-18. Ihre Aussage ist korrekt, kommt aber aus einem unreinen Geist. Prophetische Aussagen können auch aus der menschlichen Psyche stammen und bedürfen der Prüfung. Bei „unreinen“, also „anti-göttlichen“ Geistern ist die Entscheidung klar: Sie müssen verworfen werden.
Frage 4: „Welcher Antrieb steht dahinter?“
Deshalb müssen wir nach dem Antrieb hinter der prophetischen Aussage fragen: Kommt sie vom Heiligen Geist oder aus einer fremden Motivation? Der Geist Gottes und andere Geister stehen in einem Gegensatz. Es kann zu einem spirituellen „Power-Clash“ kommen, wenn die Wahrheit offenbart wird. Zudem existiert geistliche „Wahrsagerei“: Manche Personen besitzen eine besondere Sensibilität für menschlich nicht sichtbare Entwicklungen und geistliche Dynamiken. Wahre Prophetie entsteht nur dort, wo Gott selbst spricht und beauftragt; dabei kann er sich natürlich auch der menschlichen Sensibilität bedienen. Prophetie enthält so häufig menschlich-seelische Anteile, die das Reden Gottes verunklaren oder verfälschen können, weshalb die Gabe der Geisterunterscheidung wichtig ist. Auch die Propheten selbst müssen lernen, wo bzw. bis zu welchem Grad ihre Aussagen aus eigener Intuition, Wunschdenken, Ängsten oder auch anderen Quellen stammen.
III. DER LEBENSWANDEL DES PROPHETEN
Frage 5: Wie steht es mit der „Frucht“ im Leben des Propheten?
Jesus warnt vor falschen Propheten und betont, dass ihre „Frucht“, und damit auch ihr Lebensstil, der Maßstab ist (Matthäus 7,15-20). Wahre Propheten tun den Willen des Vaters und halten sich an den in der Tora offenbarten Rahmen. Jesus vertieft dies auf das Gebot der Liebe hin und konkretisiert es in den Seligpreisungen und Antithesen der Bergpredigt (Matthäus 5). Paulus ergänzt dies um die Frucht des Geistes: Liebe, Freude, Friede und weitere Tugenden (Galater 5,22-23).
Frage 6: Wie steht es mit der Einordnung in den Leib Christi?
In manchen Kreisen wird Propheten eine besondere Stellung im Leib Christi eingeräumt, da sie als Gegenüber zur Gemeinde auftreten und dabei der Anspruch mitschwingt, in besonderer Weise Gott zu hören. Das kann problematisch werden, denn Propheten sind wie alle anderen Christen auf die Einbindung in den Leib Christi und auf Teamfähigkeit angewiesen. Andererseits erleben Propheten öfters Ablehnung; so neigen sie dazu, sich unabhängig zu machen, was zur Vereinsamung und zu geistlicher Gefahr führt. Propheten brauchen einen festen Rahmen, in dem sie Wertschätzung erfahren, Rechenschaft ablegen, Ermutigung und Korrektur empfangen. Dadurch wachsen sie selbst – als Person und im Dienst. Wichtig ist dabei auch die Art und Weise der Weitergabe von prophetischen Impulsen. Werden sie an die richtigen Adressaten gerichtet? Geschieht das in einer angemessenen Form und an einem angemessenen Ort? Zu welchem Zeitpunkt soll die Weitergabe geschehen und zu welchem Zweck? Soll alles weitergegeben werden, oder nur Teile bzw. gar nichts, weil die Botschaft beispielsweise nur für die eigene Fürbitte gedacht ist? Im Fall einer öffentlichen Weitergabe: Werden die jeweils Verantwortlichen einbezogen und respektiert? Also: Für wen? Wie? Wo? Wann? Wozu? Wieviel? Wen einbeziehen? Gleichzeitig gilt: Auch die Gemeinde und ihre Leitung tragen hier eine besondere Verantwortung. Sie müssen Raum machen für das Wirken des prophetischen Geistes Gottes. Deswegen müssen sie Menschen fördern, die die Gabe und die Berufung zum prophetischen Dienst haben. Das beinhaltet, ihnen Ermutigung, Begleitung, Hilfestellung und Korrektur anzubieten. Vor dieser Verantwortung darf die Gemeinde sich nicht drücken. Die zunehmende Internationalisierung des Leibes Christi in Deutschland bringt auch neue Herausforderungen für den Umgang mit Prophetie. Hier ist in besonderer Weise die Fähigkeit zur Einfühlung und Vermittlung zwischen Propheten und Adressaten mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen gefragt. Da braucht es vor allem auf Seiten der Verantwortlichen Weisheit und Lernbereitschaft, wie Prüfung, Begleitung und „Übersetzung“ konstruktiv geschehen können.
IV. RECHENSCHAFT IM RÜCKBLICK
Das 5. Buch Mose fordert, Prophetien im Rückblick zu prüfen: Erfüllen sich die Aussagen nicht, stammen sie nicht von Gott (5.Mose 18,21-22). Manchmal wird das relativiert durch Aussagen, dass die Prophetie doch richtig gewesen sei, nur anders gemeint, oder dass sie wenigstens aus dem richtigen Impuls heraus erfolgt sei, oder immerhin doch Positives bewirkt habe. Das aber leistet dem Missbrauch Vorschub.
Frage 7: Waren die prophetischen Aussagen im Rückblick zutreffend?
Haben sie den Willen Gottes richtig wiedergegeben? Wenn Prophetien unzutreffend bzw. falsch waren, muss das so benannt werden. Ansonsten verliert man auf Dauer die Fähigkeit zur Unterscheidung und wird taub für Gottes Reden. Schwieriger wird es , wenn nur Teile zutreffend waren, anderes aber falsch. Dann sollte auch das transparent gemacht werden. Daher empfiehlt es sich, schon vor Veröffentlichung von Prophetien zu prüfenund abzuwägen, was verantwortlich weitergegeben werden sollte.
V. PROPHETIE „IN ÜBEREINSTIMMUNG MIT DEM GLAUBEN“ (Römer 12,6)
Frage 8: Entspricht die Prophetie dem Zeugnis und dem Geist der Schrift?
Christlicher Glaube ist nicht blind, sondern informiert und geformt durch die Schrift; sie bleibt der Ausschlag gebende Maßstab. Prophetische Rede sollte daher immer mit den Aussagen, aber auch dem Geist der Schrift übereinstimmen, und hier besonders mit ihrem Gottesbild. Dies erfordert ein tieferes Verständnis ihrer Botschaft, das nicht auf einzelnen miteinander kombinierten Schriftstellen basiert, sondern ihren jeweiligen Kontext einbezieht und in den Gesamtzusammenhang des göttlichen Handelns einzuordnen versteht.
Frage 9: Nimmt Prophetie die dreifaltige Realität Gottes in den Blick?
Prophetie geschieht im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes: Das Wirken des Heiligen Geistes, das sich in seiner Berufung, den Gaben und der konkreten Führung zeigt. Die Erlösung durch den Sohn, die über die Errettung hinaus auch die fortschreitende Heiligung und Korrektur von Fehlverhalten umfasst. Darüber hinaus fördert sie besonderer Weise die Entwicklung seines Leibes, der Gemeinde. Das Handeln des Vaters, das in der Bestätigung der Identität des Menschen und in der Fürsorge für die gesamte Schöpfung zum Ausdruck kommt. Das zweite Thema aber fehlt häufig im Horizont charismatischer Prophetien. Aber nicht nur dieses so genannte Schöpfungsmandat bleibt meist unterbelichtet, sondern ebenso das ergänzende und vertiefende Kulturmandat, die Gestaltung von Gesellschaft und Welt aus dem Geist des Evangeliums. Auch in diesen Bereichen braucht es Ermutigung, Führung und Korrektur.
Frage 10: Führt die Prophetie zur Verherrlichung Gottes?
Prophetisches Reden muss letztlich zur Verherrlichung Gottes führen. Deshalb muss man die Frage stellen, ob Prophetie wirklich Gottes Herrlichkeit in den Mittelpunkt stellt, oder ob sie – vielleicht unbewusst – auf menschliche Bedürfnisse fokussiert. Verherrlichen wir Gott oder unsere eigenen geistlichen Erfahrungen, Gaben oder Berufung? Manchmal stehen eher persönliche Vollmacht, Wachstum, Erfolg oder Wohlergehen im Zentrum. Das kann schnell zu einer selbstzentrierten Sicht werden.
Das Fazit
Will man das alles auf einen einfachen Nenner bringen, dann lauten die entscheidenden Fragen:
- Steht Gott im Zentrum oder wir?
- Wächst durch die Prophetie unsere Ehrfurcht vor Gott und unsere Liebe zu ihm?
- Führt Prophetie uns die „Perle von unschätzbarem Wert“ vor Augen, für die es sich lohnt, alles andere aufzugeben – das Reich Gottes, wie es sich in Jesus verkörpert?
Autor: Manfred Schmidt, Vorstand der Evangelischen Allianz in Nürnberg
(Der Autor bedankt sich für wertvolle Anregungen und Ergänzungen bei folgenden Personen: Markus Egli, Horst Engelmann, Bernd Oettinghaus, Wolfgang Rathmann, Manfred Richter, Dr. Reinhardt Schink.)