19.03.2023

Zeichen der Zeit - Rückblick auf gesellschaftspolitische Tagung

Zukunftsforum des AK Poltik der EAD: Nicht nur Rückspiegel-Christen sein, sondern NEUES wagen

Frank Heinrich: „Als Christen fahren wir zwar Richtung Zukunft, blicken aber oft wie gebannt in den Rückspiegel"

Mit himmlischem Optimismus beherzt gesellschaftlich anpacken...

Rückspiegel-Christen

„Als Christen fahren wir zwar Richtung Zukunft, blicken aber oft wie gebannt in den Rückspiegel“, resümiert Frank Heinrich, Vorstand der EAD und ehemaliger Bundestagsabgeordneter, beim Auftaktabend. Engagiert zeigte er den über 40 Teilnehmern und Teilnehmerinnen auf, was sich in den letzten Jahrzehnten alles zum Besseren gewendet hat. Er machte Mut dazu, die Chancen in den kommenden Herausforderungen als Christen zu sehen, ohne die vor uns liegenden Probleme aus dem Blick zu verlieren.

Konstantin Mascher (Offensive Junger Christen) betonte in einem Impulsreferat, dass sich Christsein im Spannungsfeld zwischen Zeitgeist und Heiligem Geist verwirklicht. Der Zeitgeist zeigt, welche gesellschaftliche Situation und Herausforderung gerade obenauf liegen. Der Heilige Geist offenbart, was unser beherzter und offensiver Beitrag in dieser Zeit ist. Es sei nicht an der Zeit, in depressive Resignation zu verfallen, sondern mit himmlischem Optimismus beherzt gesellschaftlich anzupacken.

Glaube und Resilienz

Eine der wichtigsten Fragen, die uns umtreiben sollten, ist, wie wir und unsere frommen Glaubensgenossen aus der um-sich-greifenden Depression herauskommen. Wie gehen wir gestärkt aus den Krisen und Herausforderungen hervor? Die Geschäftsführerin von Alpha Deutschland, Johanna Weddigen, berichtete eindrücklich, wie Glaubenskurse im Gefängnis die Resilienz von Strafgefangenen gestärkt haben, und was die Vorraussetzung für eine tragfähige Gestaltungskraft ist. Eine der wichtigsten Erkenntnisse: Man kann diese Fertigkeiten stärken und trainieren. Ihre Erkenntnisse aus Wissenschaft, Forschung, Glauben und Kirche rundeten diesen Vortrag ab.

Wie wir lernen (müssen)

Ein brisantes und kontroverses Thema, das uns auf den Nägeln brennt, ist Bildung angesichts von Integration und Lehrermangel. Entsprechend spannend war der Vortrag von Anja Karliczek, MdB, von 2018 bis 2021 Bundesministerin für Bildung und Forschung. Ausgehend von den Herausforderungen der Gegenwart zeigte sie Möglichkeiten und Chancen für die künftige Bildung auf. Dabei verwies sie auf die Notwendigkeit von ganzheitlichen Bildungskonzepten, die über die reine Wissensvermittlung hinaus die Fertigkeit der Schüler stärken, das exponentiell wachsende Wissen einzuordnen und anzuwenden. Karliczek betonte die Bedeutung von Glaube und Beziehung in der emotionalen Entwicklung von Kindern und bedauerte, dass zu wenig über die Bedeutung von Gemeinschaften und Kirchen für die Herzens- und Charakterbildung junger Menschen gesprochen würde.

Krieg und Frieden

Johannes Matthies, Leiter von Multiply-MB Mission in Europa und Zentral Asien und Mitglied im Arbeitskreis Politik, gab dem altersdurchmischten Tagungspublikum eine historische Einordnung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Er selbst ist geboren und aufgewachsen in Kasachstan als das Land zur Sowjetunion gehörte  und kennt die Region durch viele Reisen und Beziehungen nach Russland und in die Ukraine. Im Sinne von Friedrich Schiller „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt“ konnte er als überzeugter Mennonit einsichtig machen, warum eine Unterstützung der Ukraine für den Westen unumgänglich ist. In Situationen wie dieser, in der es keine einfachen Lösungen gibt, brauchen wir erst recht den Heiligen Geist, der uns hilft zu klären und zu unterscheiden, was das Leben fördert.

Was ich schon immer mal fragen wollte …

Ein besonders Highlight war das Kamingespräch mit Johannes Selle und Frank Heinrich, die viele Jahre als Abgeordnete im deutschen Bundestag waren. Sie berichteten von persönlichen Herausforderungen und komplizierten Entscheidungsabwägungen in politischen Abstimmungen. Auch davon, dass sie beide ursprünglich gar nicht in die Politik wollten – was die Anwesenden  überraschte –, wie sie aber von ihrem Umfeld ermutigt und bestätigt wurden, den Schritt zu wagen. Freimütig sprachen sie von inneren und äußeren Nöten und ihren Umgang damit. Ein Lernabend für alle politisch Engagierten, angehende wie routinierte gleichermaßen. Christsein und Abgeordneter sein sind kein Widerspruch, sondern lassen sich fruchtbar vereinbaren.

Wie Kirche werden muss …

Matthias Ehmann, Professor für Missionswissenschaft und interkulturelle Theologie an der theologischen Hochschule Ewersbach, führte die Teilnehmenden in eine anschauliche Gegenwartsanalyse. Mit jeweils fünf Thesen für die Ortsgemeinde und für die Evangelische Allianz in Deutschland forderte er zum Gespräch heraus. Es brauche zum Beispiel viel mehr transkulturelle Gemeinden, die „die Verkündigung mit gesellschaftlicher Verantwortung vor Ort verbinden“. Unsere Gesellschaft brauche eine Kirche, die sich „in die Risse“ und „Schmerzpunkte“ vor Ort hineinstellt. Die EAD müsse die „großen Themen der Gesellschaft als Zeichen der Zeit“ aufgreifen, sich in großer Klarheit vom „Rechtspopulismus und Verschwörungsideologen“ distanzieren, dabei diverser in den Leitungsgremien aufstellen. Es folgte eine kontrovers-fruchtbare Diskussion.

Zum Schluss

Uwe Heimowksi, politischer Beauftragter der EAD, und Dorothea Kirschner, die Büroleiterin der EAD in Berlin, interviewten einige Teilnehmer der Tagung in einer abschließenden Plenumsrunde. Von Jahmilia Kargbo, Mitglied im Jugendparlament in der Großstadt Oberhausen, bis zum langjährigen Leiter der Unternehmenskommunikation der Deichmann-Gruppe und Leiter des Seminars „Krisenkommunikation“ der Christlichen Medienakademie, Ulrich Effing. Es war eine inhaltsreiche und anschauliche Runde, die zeigte, wie politisches Engagement auf ganz unterschiedlichen Ebenen gelingen kann.

Impulse für unser Land

Das Motto „Zukunft wagen - Hoffnung riskieren - politisch handeln“ durchzog wie ein roter Faden die Vorträge, Gesprächsgruppen und Andachten. Die Vorsitzende des Arbeitskreises Politik, Lisa Walter, beschloss die Tagung mit der Gewissheit, dass mit dieser inspirierenden Veranstaltung in Bad Blankenburg, Impulse ins Land hinausgehen werden.

Zum Arbeitskreis Politik der EAD gehören: Lisa Walter (Vorsitzende des Arbeitskreises), Frank Heinrich (Vorsitzender EAD), Wolfang Büsing (Geschäftsführer Arbeitsgemeinschaft Evangelische Missionen), Carsten Korinth (Referent Jugendpolitik und Grundsatzfragen beim CVJM Deutschland), Ute Hauser (Mitarbeiterin des Vereins für Völkerverständigung), Uwe Heimowski (Politischer Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz), Konstantin Mascher (Prior Offensive Junger Christen - OJC), Johannes Matthies (Leiter von Multiply-MB Mission in Europa und Zentral Asien), David Müller (Politikreferent für Religionsfreiheit der ojcos-Stiftung), Johannes Schwarz (Redakteur PRO Magazin), Johannes Selle (ehemaliger Bundestagsabgeordneter)

Ein Rückblick von Konstantin Mascher