09.08.2022

Allianzkonferenz 2022: Glaubensbasis der EAD bleibt unantastbar

Ekkehart Vetter und Dr. Reinhardt Schink zur Zukunft der EAD

Ein Beitrag von IDEA-Redaktionsleiterin Daniela Städter

Dr. Reinhardt Schink und Ekkehart Vetter

(idea) Wie steht es um die theologisch konservative evangelikale Bewegung in Deutschland, wie soll es in Zukunft bei der Evangelischen Allianz in Deutschland weitergehen? Zu diesen Fragen haben sich auf der 126. Allianzkonferenz im thüringischen Bad Blankenburg (3.–7. August) der Allianzvorsitzende, Pastor Ekkehart Vetter, und Allianzgeneralsekretär Reinhardt Schink gegenüber Teilnehmern geäußert.

Was verbinden Christen mit der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD)? Den meisten wird wahrscheinlich zuerst die jährliche Allianzgebetswoche einfallen.

Wer etwas tiefer drinsteckt, kennt möglicherweise die „Hauptstadt“ der Allianz im thüringischen Bad Blankenburg, die dort jedes Jahr stattfindende Allianzkonferenz, die Allianzzeitschrift „Eins“, vielleicht auch noch Stellungnahmen, mit denen die Allianz die Stimme der theologisch konservativen Protestanten in Politik, Medien und Gesellschaft hörbar machen will.

Wofür die Allianz steht

Wie viele Christen aus Landes- und Freikirchen hinter dieser Bewegung in Deutschland stehen? Genaue Zahlen gibt es nicht, denn bei der Allianz gibt es keine Mitgliederlisten. Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen geht von 1,3 Millionen Christen aus, die sich ihr zugehörig fühlen.

Schon bei der Gründung der Evangelischen Allianz 1846 in London war entschieden worden, dass der Zusammenschluss nicht Kirchen, sondern gläubige Einzelpersonen vereinigen wollte. Das galt auch für den deutschsprachigen Raum, wo 1886 das von Anna von Weling gegründete „Evangelische Allianzhaus“ in Bad Blankenburg seine Arbeit aufnahm. Das Ziel: Alle, „die in Jesus Christus sind“, in geistlicher Gemeinschaft zu vereinigen. Wer sich also geistlich zugehörig fühlt, ist dabei – ohne einen Aufnahmeantrag auszufüllen.

Immer wieder haben Vertreter der Evangelischen Allianz in Deutschland betont, dass die Einheit im Glauben über Konfessionsgrenzen hinweg bedeutsam ist für die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft in der Welt.

Abgegrenzt hat man sich aber von gewissen Strömungen dennoch – allen Einheitsworten zum Trotz. Anna von Weling etwa sagte, man könne keine Allianz mit „Schwärmern“ haben, wie damals die Vorläufer der Pfingstbewegung bezeichnet wurden.

Im Laufe der Jahre haben sich beide Seiten verändert: Stand die Allianz lange Zeit Pfingstlern und Charismatikern ablehnend gegenüber, haben sich – unter anderen auf das Betreiben des damaligen Allianzgeneralsekretärs Hartmut Steeb hin – seit der „Kasseler Erklärung“ im Jahr 1996 der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden und der Allianzhauptvorstand angenähert.

Heute ist mit Ekkehart Vetter der frühere Präses des charismatisch-pfingstkirchlichen „Mülheimer Verbandes Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden“ Allianzvorsitzender.

Auch jetzt will und muss sich die Allianz verändern: Viele Ortsallianzen überaltern, an der Gebetswoche Anfang des Jahres nehmen zumeist wenige junge Leute teil, die Finanzierung der bestehenden Allianz-Strukturen wird schwieriger, die Gemeindelandschaft in Deutschland ändert sich. Auch deshalb will die Allianz flexibler, jünger und internationaler werden, sagen der Allianzvorsitzende Ekkehart Vetter und Generalsekretär Reinhardt Schink.

Was bleiben soll

Fünf Grundaufträge geben den beiden zufolge in der Evangelischen Allianz den Kurs bei den Veränderungen vor: Die Allianz war und ist eine Gebets- und eine Bibelbewegung, steht für Evangelisation, übernimmt gesellschaftliche Verantwortung und lebt in geistlicher Einheit. Unantastbar sei auch die Glaubensbasis der Evangelischen Allianz in Deutschland. Wer sich einbringen und mitarbeiten will, muss mit dieser Basis einverstanden sein.

Was sich ändern wird

Ein Problem der Allianz: Viele Christen kennen den Zusammenschluss gar nicht. Mittlerweile gibt es in Deutschland auch eine Fülle internationaler Gemeinden, sagt Vetter. In der Allianz spiegele sich das aber kaum wider: „Wir haben viel zu wenig Berührungen und Kontakte.“ Das soll sich ändern. Auch mit russlanddeutschen Gemeinden wolle man verstärkt den Austausch suchen.

Im Netzwerk arbeiten

Die Allianz soll daher künftig noch stärker als ein Netzwerk agieren, damit mehr Menschen sich schneller und flexibler einbringen können. Wer in der EAD etwas bewegen wolle, müsse bisher für sechs Jahre in den Hauptvorstand (Mitgliederversammlung) oder in einen Arbeitskreis berufen werden, sagt Vetter. Längerfristige Gremienarbeit sei für jüngere Leute aber nicht mehr so attraktiv und – vor allem für jüngere Frauen mit Familie – häufig auch schlicht nicht leistbar, so Vetter.

Wie genau die Struktur in Zukunft aussehen wird, wird derzeit diskutiert und soll im Herbst von dem aus 63 Mitgliedern bestehenden Hauptvorstand der Allianz endgültig festgelegt und dann beschlossen werden. Einige Gedanken nannte Schink auf der Allianzkonferenz: Früher habe die Allianz vor allem die Aufgabe gehabt, Informationen in die Breite zu bekommen – also von der Zentrale in Bad Blankenburg in die Fläche zu den rund 900 Ortsallianzen. Das brauche es aber im Zeitalter der Digitalisierung in dieser Form nicht mehr. Da laufe jetzt bereits vieles sehr schnell, dezentral und direkt.

Jetzt werde der Netzwerkgedanke stärker, denn vor Ort in den Allianzen gebe es viele tolle Ansätze und Aktionen. Es könnte somit viel stärker die Aufgabe einer Zentrale sein, diese Angebote sichtbar und dann für viele nutzbar zu machen: Die Allianzzentrale als ein Knotenpunkt in einem breiten Netz von engagierten Christen. Die Funktion der Allianz, Orientierung und Impulse zu geben, bleibe vollumfänglich erhalten.

Es bleiben Fragen

Noch bleiben Fragen: Wie genau kann dieses Netzwerk konkret funktionieren? Wer kann öffentlich für „die Allianz“ sprechen? Wo wird es theologische Grenzen geben? Was genau ist das Ziel des Kurses und was wird dann eigentlich noch der Unterschied zur Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) sein?

Schink verweist mit Blick auf die ACK auf die unterschiedlichen Strukturen: Im Gegensatz zur ACK sei die Allianz keine Kirchengemeinschaft. Für die Allianz wünschen sich Schink und Vetter, dass das Verbindende in den Mittelpunkt gestellt wird: „Lasst uns über die Gemeinsamkeiten reden – und weniger über die Unterschiede.“

Selbstverständlich gebe es z. B. zur römisch-katholischen Kirche große theologische Unterschiede, sagt Vetter. Aber man könne auch auf die Christologie oder auf ethische Themen wie den Lebensschutz schauen: „Und da gibt es ganz viele Gemeinsamkeiten.“

Jesus steht im Mittelpunkt

Vetter verweist darauf, dass die Allianz schon immer eine Einheitsbewegung war: „Der Leib Christi ist immer größer als meine eigene Kirche.“ Die Allianz wolle eine ganz bestimmte Kultur prägen. Er skizziert diese wie folgt: Jesus steht im Mittelpunkt; aber in den „Verästelungen“ – Abendmahl, Taufe, Gemeindeform, Endzeit-Theologie usw. – lässt jeder den anderen „stehen“.

Ob das reicht und funktioniert? Denn gerade die internationalen und auch die russlanddeutschen Gemeinden, die die Allianz ja nun verstärkt einbinden möchte, sind theologisch häufig sehr konservativ aufgestellt – und wollen da über „Jesus ist unser Mittelpunkt“ hinausgehend klarere Positionen. Das wurde auch auf der diesjährigen Allianzkonferenz in der Predigt von dem russlanddeutschen Leiter des Bibelseminars Bonn, Heinrich Derksen, am Abschlusstag deutlich.

Im Herbst wird dann deutlicher feststehen, in welche Richtung es bei der Evangelischen Allianz in Deutschland geht.

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Die Evangelische Allianz in Deutschland

• Hat an rund 900 Orten Allianzkreise

• Hat 14 Arbeitskreise (u.a. Gebet, Islam, Israel, Politik und religiöser Machtmissbrauch)

• Führt die Allianzgebetswoche durch, den Gebetstag für verfolgte Christen, das 30-Tage-Gebet für die islamische Welt und gibt tägliche Gebetsanliegen heraus

• Unterhält eine Zentrale in Bad Blankenburg (Thüringen)

• Hat seit 2021 mit Fabian Backhaus wieder einen eigenen Referenten als Ansprechpartner für Ortsallianzen

Finanziert sich vor allem aus Kollekten und Spenden

• Ist Veranstalter des Festivals SPRING in Willingen

• Ist mit etwa 350 Werken eng verbunden

• Im Hauptvorstand sind derzeit 63 Christen aus Landes- und Freikirchen, Gemeinschaften und aus mit der Allianz verbundenen Werken vertreten

(Quelle: https://www.idea.de/artikel/welche-zukunft-hat-die-evangelische-allianz-in-deutschland)

Glaubensbasis der Evangelischen Allianz

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