12.06.2019
DEA: Zum geplanten Verbot von Konversionstherapien
"Hilfe muss möglich bleiben und Beratungen müssten immer ergebnisoffen geführt werden."
Berlin (idea) – Die Deutsche Evangelische Allianz spricht sich für Wahlfreiheit in der Therapie aus. Differenziert beurteilt sie das Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), umstrittene Konversionstherapien verbieten zu lassen. Das sagte der Politikbeauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz, Uwe Heimowski (Berlin), der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Spahn hatte am 11. Juni zwei Gutachten vorgestellt, die belegen sollen, dass Strafen für diese sogenannten Konversionstherapien sowohl verfassungsrechtlich machbar als auch medizinisch geboten seien. Der Minister: „Homosexualität ist keine Krankheit und daher auch nicht therapiebedürftig.“ Er wolle nun Justizministerin Katarina Barley (SPD) bitten, noch in diesem Jahr ein entsprechendes Gesetz vorzulegen.
Heimowski: „Homosexualität ist keine Krankheit“
Wie dazu Heimowski sagte, ist auch für die Evangelische Allianz klar, dass Homosexualität keine Krankheit sei. Allerdings müsse geklärt werden, wie diese umstrittenen Konversionstherapien aussähen. Dazu zählten sicherlich Elektroschocks oder Therapieangebote unseriöser Heilpraktiker. Heimowski: „Solcher Unfug gehört verboten.“ Zugleich kritisierte Heimowski, dass in manchen Medien der Eindruck erweckt werde, vor allem evangelikale Christen und christliche Werke „würden Schwule therapieren“: „Das findet nicht statt.“ Evangelikale Hilfsorganisationen wie der evangelische Fachverband für Sexualethik und Seelsorge „Weißes Kreuz“ (Ahnatal bei Kassel), das Institut für dialogische und identitätsstiftende Seelsorge und Beratung (früher: wüstenstrom/Tamm bei Ludwigsburg) und die ökumenische Kommunität „Offensive Junger Christen“ (Reichelsheim/Odenwald) arbeiteten sehr solide: „Sie reden mit Menschen, die in ihrer sexuellen Identität verunsichert sind.“ Es wäre eine Katastrophe, wenn deren Hilfsangebote ebenfalls unter das von Spahn angestrengte Verbot fallen würden. Heimowski: „Das wäre unterlassene Hilfeleistung.“ Beratungen müssten immer ergebnisoffen geführt werden. Es gebe auch schwule oder bisexuelle Menschen, die verheiratet seien und unter ihren Gefühlen für das eigene Geschlecht litten. Es könne nicht angehen, dass in einem Coming-out der einzige Lösungsweg gesehen werde. Ein Therapeut dürfe niemals einen Ratsuchenden in nur eine Richtung drängen.
Kritik an „sexsüchtiger Schwulenszene“
Heimowski verwies auf eigene Erfahrung. Er habe als früherer Mitarbeiter der Heilsarmee in Hamburg drei Jahre lang eine Aidsberatungsstelle geleitet. Viele Betroffene hätten Selbstmordgedanken gehabt, nicht weil sie Probleme mit der Frömmigkeit der Heilsarmee gehabt hätten, sondern weil sie es in der mitunter sexsüchtigen Schwulenszene nicht länger ausgehalten hätten: „Sie sehnten sich nach einem festen Freund oder Partner, nicht nach wechselnden Partnerschaften.“ Ferner bedauerte Heimowski, dass die von Spahn eingesetzte Fachkommission mit 46 Vertretern aus Politik und Wissenschaft sehr einseitig besetzt sei. Hier wäre mehr Ausgewogenheit besser gewesen.
Stiftung: 1.000 Betroffene pro Jahr
Der geschäftsführende Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, Jörg Litwinschuh-Barthel (Berlin), sagte vor Journalisten, dass es wohl mehr Fälle von Konversionstherapien gebe als bislang angenommen. Er gehe von 1.000 Betroffenen in Deutschland pro Jahr aus. Die Stiftung befasst sich mit der Diskriminierung von Schwulen und Lesben. Litwinschuh-Barthel kritisierte in dem Zusammenhang Angebote von Psychotherapeuten, Religionsgemeinschaften und Exorzisten.