01.06.2019
ALLIANZGEBETE DAS GANZE JAHR ÜBER
Pastor Michael Eggert war auf Besuchsreise bei der Evangelischen Allianz in Südamerika
Ein Reisebericht von Michael Eggert
Michael Eggert (Bildmitte) mit „Pastoren-Allianz“ in Paraguay
© Foto: privat
Paraguay
Anlässlich des Besuches meiner Familie bei unserer Tochter Ruth in Asuncion, die ein Freiwilligenjahr in einem Kinderheim der mennonitischen Organisation „Christliche Dienste“ absolviert, versuche ich, auch die Vertreter der Evangelischen Allianz in Paraguay kennenzulernen. Kontakt zu bekommen ist zunächst nicht einfach. Es gibt zwar eine Facebookseite (keine Webseite), aber niemand reagiert auf meine Nachricht. Silas Tostes, der Präsident der Evangelischen Allianz in Brasilien, den ich im letzten Jahr besuchte, hilft weiter. So kontaktiere ich Ricardo Cano, Präsident der APEP (Asociación de Pastores Evangélicos del Paraguay), er lädt mich zu einem Pastorentreffen ein und lässt mich vom Hotel abholen. In einer Stadt ohne Busfahrpläne (man streckt üblicherweise die Hand heraus, wenn der Bus mit der richtigen Nummer kommt – vorausgesetzt, man kennt dessen Route) ist das ein Geschenk für mich. Pastor Alcides Roman fährt mich zu einer mittelgroßen Kirche, in der vor dem Altarraum ein Tisch für 12 Personen aufgestellt ist. Ich werde platziert, man bietet mir den traditionellen Tereré an, ein Tee aus Mate, aufgegossen mit Eiswasser. Das Tererétrinken wird in einer Runde zelebriert, in der das Trinkgefäß herumgereicht wird, jeder trinkt dabei die Guampa der Reihe nach aus. In Paraguay hat das eine kulturelle Bedeutung, man wird als Freund akzeptiert. In der nun beginnenden Sitzung werde ich herzlich begrüßt. Es gibt nach einer biblischen Betrachtung einen Austausch. Ich begreife, dass sich hier die „Pastorenallianz“ versammelt, die zum Ziel hat, Pastoren zu vernetzen sowie sie und ihre Familien zu unterstützen. Mentoring wird großgeschrieben, kein Pastor ist auf sich allein gestellt. Die Verständigung ist eher bescheiden. Nur einer kann ein paar Worte Englisch, was in Südamerika, wie ich später noch erlebe, eher die Ausnahme ist. Mein seit September gelerntes Spanisch reicht noch nicht zum ausführlichen Dialog. Deswegen bringt mich Alcides Roman nun zur ASIEP (Asociación de Iglesias Evangélicas del Paraguay). Dort begegne ich Generalsekretär Manuel Mancuello. Er spricht Englisch und wir tauschen uns über die Arbeit unserer nationalen Allianzen aus. Bibel und Gebet, junge Menschen und Familien, Lebensschutz und politisches Engagement stehen besonders im Fokus der Evangelischen Allianz in Paraguay. Dann kommt Präsident Santiago Maldonado. Er ist erfreut über die Kontaktaufnahme und gibt herzliche Grüße an die Evangelische Allianz in Deutschland mit (hiermit ausgerichtet!).
Argentinien
Drei Wochen später führt meine Reise nach Buenos Aires. Hier bin ich mit Jorge Gomez, dem Direktor der argentinischen Allianz im Büro der ACIERA (Alianza Cristiana de Iglesias Evangelicas de la Republica Argentina) verabredet. Er hat kurzfristig den Termin auf den Nachmittag meiner Ankunft verlegt. Leider kommt mein Schiff aus Montevideo, wo ein Treffen mit der Evangelischen Allianz in Uruguay kurzfristig nicht zustande kam, erst 90 Minuten später an. Dazu kommt noch eine einstündige Taxifahrt – an diesem Tag ist wegen Großdemonstrationen in der Innenstadt alles anders. Ich bin tief beeindruckt, dass Jorge Gomez an diesem Freitagnachmittag noch 2 Stunden bis 19 Uhr auf mich gewartet hat. Und nicht nur er – per Skype schaltet sich Ligia Wurfel zu, die in Concordia, nördlich Buenos Aires, ein Kinderheim leitet, das mit dem Missionswerk Neues Leben verbunden ist. Ihr Vater hat die argentinische Allianz gegründet. Sie hat deutsche Wurzeln und übersetzt nun.
Ich erfahre, dass 15.000 Gemeinden zur ACIERA gehören. Der Lebensschutz ist ein großes Thema, am Marsch für das Leben beteiligen sich in Buenos Aires 600.000, im ganzen Land 3 Millionen Menschen. Es gibt eine ganze Liste von Städten, die einen Marsch organisieren. Damit hat die ACIERA einen beträchtlichen Einfluss auf die Politik des Landes. Das Exekutivkomitee der ACIERA besteht aus 6 Personen, der Vorstand aus 28 Personen, die die Provinzen des Landes vertreten, sich monatlich treffen und immer für 3 Jahre gewählt sind. Ligia berichtet von der Sozialarbeit, die die Allianzarbeit prägt, von Meetings mit Behörden und gesponsertem Schulessen. 60% der Kinder haben Probleme mit der Schule, neben Armut und Drogen gibt es das neue Problem der Gewalt gegen Frauen, es passieren viele Morde, es gibt viele frühe Schwangerschaften. Die ACIERA engagiert sich für Lösungen durch bessere Schulsysteme, Familienarbeit, für Kinder und Jugendliche. Ich erfahre, dass es mit der Lutherischen Kirche keine Zusammenarbeit gibt, weil sie sich nicht gegen Abtreibungen stellt. Die Pfingstkirchen sind mit im Boot, allerdings nicht die „neue prophetische und apostolische Linie“ die eigene Heilswege verkünden. Ich erzähle von unserer Allianzgebetswoche und erfahre, dass eine solche das ganze Jahr über in wöchentlich jeweils einer anderen Provinz Argentiniens stattfindet. So ist jede Provinz zweimal im Jahr an der Reihe. Ligia zeigt sich besorgt über die politische Entwicklung in Deutschland. Sie sieht es als Führung Gottes, dass Deutschland Muslime aufnimmt, aber sieht auch den Auftrag Deutschlands darin, sie zu evangelisieren. Es ist ein bewegender Moment, als mir Jorge Gomez zum Abschied meine erste spanische Bibel überreicht, eine argentinische Sonderausgabe. Auch hier: Herzliche Grüße an die Allianz in Deutschland! Fünf Tage später bin ich mit Bischof Emiliano Soto Valenzuela in Santiago de Chile verabredet. Auch hier half die Vermittlung von Silas Tostes. Im großfamiliär denkenden Südamerika braucht man Empfehlungen und Spanisch – aber dann gehört man sofort dazu. Nur 2 Straßenzüge von meinem Hotel entfernt treffen wir uns. Aber im Gegensatz zum erwarteten 4-Augen-Gespräch hat er die gesamte Führung der UNE (Union Nacional Evangelica) eingeladen, deren Präsident er ist und zu der 4.000 chilenische Kirchen gehören. Ich sitze mit 40 nationalen Leitern am Tisch und kann dank eines Übersetzers ausführlich von Deutschland erzählen und Fragen beantworten. Danach ist die Lage in Venezuela großes Thema. Es gibt Pastoren, die politisches Eingreifen fordern und solche, die noch stärker zum Gebet mobilisieren wollen. In Chile gibt es 3 Millionen evangelische Christen, etwa 20% der Bevölkerung. Sie wurden lange verfolgt und werden auch heute manchmal noch verspottet und diskriminiert. Evangelische Schulen werden staatlich nicht anerkannt, katholische ja. Pastoren predigen bis ins hohe Alter, zum Teil bis über 90 Jahre, es gibt keine Rente oder staatliche Unterstützung. In Santiago marschieren 25.000 Menschen beim Marsch des Lebens und haben ebenfalls hohen politischen Einfluss. Nach dem Treffen werde ich vielfach persönlich begrüßt und eingeladen. Bischof Soto Valenzuela, auch Präsident der CUPREM (Pastorenallianz), zeigt mir das Haus mit Fernsehstation und seinem Arbeitszimmer. Dann lädt er mich zum Essen in ein nobles Restaurant ein, in dem schon alle chilenischen Präsidenten gespeist haben. Wieder zurück, darf ich spontan einen Gruß ins christliche Fernsehen sprechen – auf Spanisch, versteht sich. Und wieder: Herzliche Grüße an die Allianz in Deutschland! Familiär, herzlich, lebendig, aktiv – es ist ein Privileg für uns, solche Geschwister in Südamerika an unserer Seite zu wissen.