11.07.2018

Abtreibungen nicht mit Verbrechen an Juden vergleichen

Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz Hartmut Steeb kritisiert Aktion der Deutschen Zentrumspartei

Stuttgart/Wiesbaden (idea) – Auf scharfe Kritik christlicher Lebensrechtler und der Deutschen Evangelischen Allianz ist eine umstrittene Protestaktion von Abtreibungsgegnern in Wiesbaden gestoßen. Auf einem in der Stadt verbreiteten Flugblatt hieß es, dass bei einer Trauerfeier für „Sternenkinder“ – also Fehl- oder Totgeburten – am 11. Juli auf dem Wiesbadener Südfriedhof auch die sterblichen Überreste von abgetriebenen Kindern beigesetzt würden. Die Flugblätter waren illustriert mit einer Fotomontage und der Aussage „Abtreiben macht frei“ – eine Anspielung auf das Konzentrationslager Auschwitz, dessen Tor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“ versehen war. Einem Bericht der Frankfurter Rundschau zufolge steht der Vorsitzende der Deutschen Zentrumspartei, Gerhard Woitzik (Dormagen), hinter der Aktion. Wie der Allianz-Generalsekretär Hartmut Steeb (Stuttgart) der Evangelischen Nachrichtenagentur idea auf Anfrage mitteilte, wird das gute Ziel des Einsatzes für ungeborene Kinder leider mitunter durch falsche Vergleiche und sprachliche Verirrungen konterkariert: „Dass man in Deutschland nichts mit dem einzigartigen Verbrechen gegen die Juden vergleichen kann, sollten alle inzwischen gelernt haben. Der Massenmord von Juden ist unvergleichbar.“ Allerdings müsse gesagt werden dürfen, dass in Deutschland jährlich „100.000 Kinder und mehr“ abgetrieben werden. Das sei ein „Menschenrechtsskandal, der seinerseits keinen Vergleich kennt“. Steeb ist der auch Vorsitzender des Treffens Christlicher Lebensrechts-Gruppen (TCLG).

Bundesverband Lebensrecht: Keine Unterstützung durch seriöse Lebensrechtler

Ähnlich wie Steeb äußerte sich die Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht, Alexandra Linder (Weuspert/Sauerland): „Wer Briefe mit Holocaust-Vergleichen versendet, wird von der seriösen Lebensrechtsbewegung nicht unterstützt.“ Die Lebensrechtsbewegung setze sich mit vernünftigen Kampagnen, Argumenten und Zahlen für Mütter und Kinder vor der Geburt ein.

Bundestagsabgeordnete stellt Strafantrag

Unterdessen hat die Münchner Bundestagsabgeordnete Margarete Bause (Bündnis90/Die Grünen) gegen Woitzik Strafantrag wegen Volksverhetzung gestellt. Sie nannte die Anspielung auf das Konzentrationslager „unsäglich“: „Wer mit solchen Methoden arbeitet, verharmlost den Holocaust und verhöhnt Millionen seiner Opfer.“ Auch der Generalsekretär der Zentrumspartei, Christian Otte (Kaarst), distanzierte sich von der Aktion. Bei der Postwurfaktion handele es sich um „eine Geschmacklosigkeit, die wir nicht billigen, von der wir auch keine Kenntnis hatten und von der wir uns auch in aller Form distanzieren“. Das Erzbistum Köln prüft Pressemeldungen zufolge juristische Schritte, weil in dem Schreiben behauptet wurde, der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki nehme an der Beisetzungsfeier teil. Das Erzbistum wies diese Darstellung als falsch zurück.