02.08.2018

Kauder: Ohne Christen in der CDU geht das „C“ verloren

Der CDU/CSU-Fraktionschef sprach bei der Konferenz der Evangelischen Allianz

Bad Blankenburg (idea) – Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU im Bundestag, Volker Kauder, hat Christen aufgefordert, sich stärker in der Politik zu engagieren. Er äußerte sich zum Auftakt der Jahreskonferenz der Deutschen Evangelischen Allianz am 1. August im thüringischen Bad Blankenburg in einem Gespräch auf Fragen der Konferenzteilnehmer. Das Treffen steht in diesem Jahr unter dem Thema „Berufung“. Ob die CDU eine Partei des „C“ bleiben werden, hänge von den Christen ab: „Wenn keine Christen mehr zur CDU kommen, gibt es keine mehr.“ Dass „C“ einzufordern, sich aber nicht einzubringen, funktioniere nicht. Es sei für die Partei zudem unmöglich, in einem konkreten Thema das „C“ abzufragen, wenn etwa die katholische und die evangelische Kirche, wie bei der „Ehe für alle“, zu unterschiedlichen Ergebnissen kämen. Allgemein sei das Ansehen von Politikern bedenklich gering. Man könne unterschiedlicher Auffassung sein, „aber grundsätzlich die Betätigung als Politiker verächtlich zu machen, führt unser Land in den Ruin“. Es werde zudem schwieriger, junge Menschen für Politik zu interessieren. Man komme kaum an sie heran. Sie seien viel in ihren sozialen Medien unterwegs, in denen sie sich „sehr selektiv“ die Informationen zusammensuchten.

Mehr Kreuze machen Deutschland nicht christlicher

Kauder äußerte sich ferner zu religiösen Symbolen im öffentlichen Raum. Das Bundesverfassungsgericht habe es in einer Urteilsbegründung auf den Punkt gebracht: „Die Bundesrepublik ist weltanschaulich neutral, aber nicht wertneutral.“ Daran, so Kauder, „sollten wir uns halten“. Wenn der Staat einem Bürger im Gerichtssaal gegenübertrete, ergehe ein Urteil „im Namen des Volkes“. Da wolle er nicht, dass der Richter beispielsweise ein Kreuzsymbol trage. Das gelte auch für die Lehrer in der Schule. Auch sie sollten den Kindern wertanschaulich neutral gegenübertreten und deswegen weder ein Kopftuch noch ein Kreuz tragen, betonte Kauder. Deutschland werde nicht christlicher, „wenn überall mehr Kreuze hängen und immer mehr Menschen aus der Kirche austreten“. Er forderte die Kirchen auf, bei ihrem Kernthema zu bleiben: „Wenn die Kirche nicht mehr über die Frohe Botschaft unseres Herrn Jesus Christus berichtet, wer soll es denn dann tun?“ Er habe manchmal den Eindruck, dass es besser wäre, er selbst würde von den Kanzeln predigen, und die Kirche mache noch mehr Politik, als sie es ohnehin schon tue.

In Deutschland muss sich jeder an alle Gesetze halten

Auf die Religionsfreiheit in Deutschland sei er stolz, so Kauder. Wenn er Länder besuche, in denen Christen verfolgt würden, könne er immer damit argumentieren, dass hierzulande jeder seine Religion frei leben könne. Auch bei Muslimen habe der Staat sich nicht einzumischen. Sie müssten sich wie jeder andere auch an alle Gesetze – nicht nur das Grundgesetz – halten. In Deutschland herrsche etwa Schulpflicht. Wenn nun im Fächerkanon Sport stehe und die Kinder schwimmen lernen müssten, „dann lernt auch das muslimische Mädchen schwimmen. Punkt. Das muss dann auch durchgesetzt werden.“

„Glaubensprüfungen“: Das BAMF akzeptiert Taufzeugnisse

Zu der Diskussion um sogenannte „Glaubensprüfungen“ von zum Christentum konvertierten ehemaligen muslimischen Flüchtlingen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sagte Kauder, dass die Behörde das Taufzeugnis akzeptiere. Es müsse aber hinterfragt werden, ob derjenige seinen Glauben auch wirklich lebe. Wenn alle, die sagten, sie seien konvertiert, ungeprüft in Deutschland bleiben dürften, dann könnte das ungeahnte Konsequenzen haben, warnte Kauder: „Da tragen wir als Politiker eine Verantwortung.

Christliches „Maulheldentum“ ist nicht gefragt

Zuvor hatte Kauder in einem Grußwort in der Auftaktveranstaltung der Konferenz gesagt, dass das Wort Gottes in der Gesellschaft immer stärker verdunste. Immer weniger seien bereit, sich dazu zu bekennen. Gefragt sei aber kein „Maulheldentum“: Deutschland lebe aus der christlich-jüdischen Tradition, aber das müsse dann auch „die Tat“ zeigen, so Kauder. Politik auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes bedeute, dass man in jedem Menschen, „ob er mir nun passt oder nicht“, das Ebenbild Gottes mit seiner unverwechselbaren Würde sehe. Dann könne man über Menschen nicht sprechen wie über Dinge und Sachen.

Jeder Christ hat seine Berufung – und muss sich nicht verbiegen lassen

Pfarrerin Monika Deitenbeck-Goseberg (Lüdenscheid) sagte in ihrer Ansprache über Psalm 23 („Der Herr ist mein Hirte“) von David, dass jeder Christ sich mit seiner Berufung einbringen könne und sich nicht verbiegen lassen müsse. David habe das auch nicht getan. Er habe sich beispielsweise beim Kampf gegen Goliath nicht in eine Rüstung stecken lassen, sondern habe – mit der Steinschleuder – seine eigene Art gehabt und sie auch beibehalten.

Christen dürfen Gott auch um eine Parklücke bitten

Jeder Mensch könne sich zudem sicher sein, dass Jesus sich fürsorglich um ihn kümmere – schließlich seien auch die Haare auf dem Kopf eines jeden Einzelnen (Matthäus 10,30) gezählt: „Gott ist selbst an Details in unserem Leben interessiert, die nicht notwendig wären.“ Deswegen dürften sie sich auch mit allen Sorgen an ihn wenden – auch mit der Bitte um die letzte Parklücke, wenn man unter Zeitdruck ist.

Unterschiedliche Ansichten sollten nicht zu Bitterkeit führen

Deitenbeck-Goseberg äußerte ferner, dass es auch in christlichen Werken Streit gebe. Man sollte sich aber auch dann nicht feindselig behandeln, wenn man sich entschieden habe, künftig getrennte Wege zu gehen. Die Kontrahenten blieben Geschwister: „Jesus ist der, der uns verbindet.“ Die Pfarrerin rief dazu auf, nicht Hass, Bitterkeit und Kampfgeist im Herz zu sammeln, sondern Wertschätzung.

Die Berufung auch in einer schweren Erkrankung leben

Sie berichtete ferner von einer schweren Erkrankung Ende des Vorjahres, als sie mit Nierenversagen ins Krankenhaus gekommen sei. Damals sei sie zwei Tage „dem Himmel näher als der Erde“ gewesen. Sie sei dankbar, dass sie ihrer Berufung – „um Jesu willen es anderen Menschen leichter machen zu leben, zu lieben, zu leiden und zu glauben“ auch im Krankenhaus habe treu bleiben können. Sie habe viel gebetet, etwa für das Reinigungspersonal oder die Ärzte: „Ich konnte geduldig krank sein, weil der Herr einem seine Berufung nicht wegnimmt.“ Anfangs sei ihr eine aggressive Form von Blutkrebs diagnostiziert worden, nach zwei Monaten „eine schlummernde Form von Blutkrebs“. Das Programm der Allianzkonferenz umfasst Seminare, Bibelarbeiten und Vorträge zu persönlichem Glauben und gesellschaftspolitischer Verantwortung. Das Treffen des evangelikalen Dachverbandes geht bis zum 5. August. Im vergangenen Jahr nahmen 1.700 Christen teil.