02.05.2017

Deutschland: Debatte über Leitkultur

Wolfgang Baake begrüßt den Vorschlag von de Maizière Jeder Politiker, der die Diskussion ablehnt, drückt sich vor seiner Verantwortung

Wolfgang Baake, Foto privat

Deutschland: Debatte über Leitkultur

Wolfgang Baake begrüßt den Vorschlag von de Maizière

Jeder Politiker, der die Diskussion ablehnt, drückt sich vor seiner Verantwortung

Berlin/Wetzlar (idea) – Die von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) angestoßene Debatte über eine deutsche Leitkultur hat der frühere Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung, Wolfgang Baake (Wetzlar), begrüßt. De Maizière hatte in einem Gastbeitrag für die „Bild am Sonntag“ zehn Eigenschaften aufgeführt, die ihm zufolge Teil einer deutschen Leitkultur sein sollen, etwa Allgemeinbildung, der Leistungsgedanke und das Erbe der deutschen Geschichte mit dem besonderen Verhältnis zu Israel. Zur offenen Gesellschaft gehörten ferner soziale Gewohnheiten, beispielsweise dass man sich zur Begrüßung die Hand gebe und seinen Namen nenne: „Wir zeigen unser Gesicht. Wir sind nicht Burka.“ Religion bezeichnete er als „Kitt und nicht Keil der Gesellschaft“. Ein solcher Kitt entstehe „in der christlichen Kirche, in der Synagoge und in der Moschee“. Der Staat sei weltanschaulich neutral, aber den Kirchen und Religionsgemeinschaften freundlich zugewandt. Kirchliche Feiertage prägten den Rhythmus der Jahre und Kirchtürme die Landschaft: „Unser Land ist christlich geprägt. Wir leben im religiösen Frieden.“ Allen, die ins Land kämen und bleiben dürften, „reichen wir unsere ausgestreckte Hand“. Doch wer die Leitkultur nicht kenne oder sie gar ablehne, dem werde Integration wohl kaum gelingen, so der Bundesinnenminister. Der Vorstoß stieß vielfach auf Ablehnung. Der stellvertretende Bundesvorsitzender der SPD, Thorsten Schäfer-Gümbel, sprach auf Twitter von einer „peinlichen Inszenierung“, die Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund, die Muslima Sawsan Chebli (SPD), von einer „gefährlichen Stimmungsmache“ gegen Muslime. Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner kritisierte in der ARD, dass es „wieder um Religion“ gehe. Deutsche Leitkultur sollte das Grundgesetz sein. Laut dem Vizefraktionsvorsitzenden der Partei „Die Linke“, Jan Korte, fischt de Maizière mit der „tausendsten Auflage“ der Leitkulturdebatte „mal wieder rechts“. Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt, sprach gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ von „Leitkulturbeschwörerei“. Der Innenminister sollte stattdessen bei der Lösung der praktischen Probleme mitanpacken.

Baake: Politiker müssen darüber sprechen, was die Gesellschaft zusammenhält

Baake hält die Kritik für falsch. Gerade jetzt, wo die Zuwanderung und die Integration der Menschen mit Bleiberecht eine so große Bedeutung hätten, müssten Politiker darüber sprechen, was eine Gesellschaft zusammenhalte. Jeder Politiker, der eine Diskussion über die Leitkultur ablehne, „drückt sich vor seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung und macht sich somit an der Gesellschaft schuldig“. Der Bundesinnenminister wolle die Menschen, die aus anderen Kulturen nach Deutschland kommen, „nicht ausgrenzen, sondern einladen, jene Werte zu beachten, deren Einhaltung erst ein friedliches und konfliktfreies Miteinander ermöglichen“, betonte Baake.