05.11.2015

Neue Arbeitshilfe zur Mission unter Muslimen steht in der Kritik

Lutherischer Konvent: Rheinische Kirche hat keine missionarische Kraft

Neue Arbeitshilfe zur Mission unter Muslimen steht in der Kritik

Lutherischer Konvent: Rheinische Kirche hat keine missionarische Kraft

Königswinter/Wuppertal/Düsseldorf (idea) – Die Diskussion um eine neue Arbeitshilfe der Evangelischen Kirche im Rheinland hält an. In der Broschüre unter dem Titel „Weggemeinschaft und Zeugnis im Dialog mit Muslimen“ spricht sich die zweitgrößte Landeskirche gegen deren Missionierung aus. So heißt es dort: „Eine Begegnung mit Muslimen in Konversionsabsicht bedroht den innergesellschaftlichen Frieden und widerspricht dem Geist und Auftrag Jesu Christi und ist entschieden abzulehnen.“ Nun verabschiedete der Lutherische Konvent im Rheinland auf seiner Herbsttagung in Königswinter bei Bonn eine kritische Stellungnahme. Anstatt dem Missionsauftrag Jesu in Matthäus 28,19 („Lehret alle Völker und tauft sie ...“) zu entsprechen, werde von der rheinischen Kirche ein neues Missionsverständnis entwickelt, bei dem es nicht um Bekehrung gehe, sondern um den „Aufbau heilender und versöhnender Gemeinschaften“. Es werde behauptet, dass ein bestimmtes ethisches Verhalten bereits Mission sei. Damit solle einem Missionsverständnis Bahn gebrochen werden, „in dem jeder seiner Religion weiter anhängen kann, wenn er nur für den Frieden im Zusammenleben der Menschen eintritt“. So werde die Bibel zum Steinbruch. Die rheinische Kirche habe keine missionarische Kraft, weil sie die Grundlage des Glaubens an Jesus Christus, dass „in keinem anderen Heil ist ...“ (Apostelgeschichte 4,12), verlassen habe. Die evangelischen Freikirchen hätten hingegen die Aufgabe erkannt und gingen mit dem Evangelium auf Muslime zu: „Wenn die rheinische Landeskirche jetzt nicht einen entschlossenen Schritt über den Dialog hinausgeht und den Muslimen die Liebe Christi liebevoll und klar verkündigt, wird sie in naher Zukunft als Minderheit gesellschaftlich marginalisiert werden und in der Öffentlichkeit keine Bedeutung mehr haben.“

Regionaler Allianzvorsitzender: Missionsauftrag wird umgedeutet

Der Vorsitzende der Evangelischen Allianz Niederrhein-Ruhr-Südems, Präses Michael Voss (Wuppertal), kritisierte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea die Neuinterpretation des Missionsauftrags: „Wenn Jesus Christus seine Nachfolger im Missionsauftrag aufruft, die Menschen aller Völker zu seinen Jüngern zu machen (und zu taufen), dann ist dies etwas anderes, als sie als ,Schüler‘ zu sehen und anzunehmen, wie das Positionspapier es sagt.“ Die Botschaft Jesu sei keine Philosophie. Es müsse der Wunsch und das Ziel von Christen sein, dass Andersgläubige, also auch Muslime, „Jesus Christus als ihren Erlöser erkennen und annehmen“. Zuvor hatte der Leiter des Amtes für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste der rheinischen Kirche, Pfarrer Christoph Nötzel (Wuppertal), einige Aussagen der Arbeitshilfe als „bedenklich“ bezeichnet. Der Missionsbefehl werde uminterpretiert, das Evangelium relativiert und die Verkündigung Jesu auf ihre Ethik reduziert. Der Direktor des Instituts zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung, der Theologieprofessor Michael Herbst (Greifswald), sagte, dass man Muslime nicht im Sinn des Evangeliums liebe, wenn man nicht mehr wolle, dass sie den Trost des Evangeliums erfahren. Als abenteuerlich bezeichnete er den Versuch, solche Gleichgültigkeit durch eine Neuinterpretation von Matthäus 28 der Bibel selbst unterzuschieben.

Oberkirchenrätin: Arbeitshilfe ist nur gegen „strategische Mission“

Währenddessen verteidigte die Leiterin der Ökumene- und Missionsabteilung der rheinischen Kirche, Oberkirchenrätin Barbara Rudolph (Düsseldorf), die Arbeitshilfe im Präsesblog der Landeskirche. Was derzeit über die Reaktionen auf die Arbeitshilfe zu lesen sei, lasse den Schluss zu, „dass zwar viel über sie geredet wird, aber kaum jemand einen sorgfältigen Blick hinein geworden hat“. Die Arbeitshilfe wende sich gegen eine „strategische Mission“, die einen Menschen einzig als Gegenstand missionarischer Bekehrungsversuche betrachte, ihn aber nicht in seiner ihm von Gott gegebenen Würde begegne. Christen seien aber aufgefordert, „von ihrem Glauben an Jesus Christus in Wort und Tat selbstbewusst Zeugnis abzulegen“. Ferner sage die Arbeitshilfe nicht, dass es gleichgültig sei, ob jemand an Jesus Christus glaubt oder sein Heil an einer anderen Stelle sucht. Auch würden Unterschiede zwischen Christentum und Islam nicht „verwischt“. Das 32-seitige Positionspapier ist eine Neufassung des Textes „Mission und Dialog in der Begegnung mit Muslimen“ aus dem Jahr 2001. Die Broschüre wurde an die rheinischen Gemeinden geschickt und soll zu einem Diskussionsprozess der Landeskirche über das Verhältnis zum Islam anregen. 2018 wird sich dann die Landessynode mit dem Thema beschäftigen.