08.04.2015

Reformationsjubiläum: EKD sollte Freikirchen stärker beteiligen

Forum „Christ und Politik“ in Bad Blankenburg: Keine Bedrohung durch Muslime

Reformationsjubiläum: EKD sollte Freikirchen stärker beteiligen

Forum „Christ und Politik“ in Bad Blankenburg: Keine Bedrohung durch Muslime

(idea/DIE GEMEINDE) Bad Blankenburg – Die Verantwortlichen in der EKD sollten die Mitglieder der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) stärker an den Vorbereitungen für das 500-jährige Reformationsjubiläums 2017 beteiligen. Dafür plädiert der Leiter des Konfessionskundlichen Instituts in Bensheim, Pfarrer Walter Fleischmann-Bisten. Er sprach bei der Tagung „Christ und Politik“ im thüringischen Bad Blankenburg. Nach seinen Worten haben die meisten Freikirchen trotz aller Demütigungen nicht vergessen, „dass auch sie Kinder der unvollendeten Reformation sind“. Im 16. Jahrhundert hatten Lutheraner die Täuferbewegung verfolgt. Der Lutherische Weltbund hatte sich 2010 nach knapp 500 Jahren bei den Mennoniten entschuldigt, dass sie damals verfolgt und umgebracht wurden. Wie Fleischmann-Bisten weiter sagte, kann es 2017 nicht um „neue Selbstbehauptungsversuche“ gehen wie bei früheren Reformationsjubiläen. Gerade gegenüber der wachsenden Zahl Konfessionsloser komme es darauf an, Zeichen für eine gemeinsame Verkündigung des Evangeliums zu setzen.

Unter den 70 Teilnehmern waren auch drei Baptisten, darunter der frühere SPD-Landtagsabgeordnete in Thüringen, Helmut Rieth. Er gehört zur Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Gotha. Wie der inzwischen parteilose Kommunalpolitiker der GEMEINDE sagte, habe ihm der Vortrag von Fleischmann-Bisten deutlich gemacht, wie wichtig es sei, sich stärker zu vernetzen. Dass es im Januar eine Tagung der ACK-Beauftragten im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Elstal ebenfalls zum Thema Reformation gegeben habe, sei Fleischmann-Bisten nicht bewusst gewesen. Beeindruckt zeigte sich Rieth auch von einem Vortrag „Der Fortschritt der Intoleranz gegen christliche Überzeugungen in Europa“, den die Leiterin des Dokumentationsarchivs der Intoleranz gegenüber Christen, Gudrun Kugler (Wien), hielt. Diese Thematik werde immer aktueller, so Rieths Eindruck. Gegenüber der GEMEINDE lobte er auch die Tätigkeit des Beauftragten der Allianz beim Deutschen Bundestag und der Bundesregierung, Wolfgang Baake (Wetzlar), der auf der Tagung über seine Arbeit berichtete. Baake stehe für christliche Grundwerte und Demokratie, für die sich Christen ebenfalls viel stärker engagieren müssten.

Der Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW), Friedemann Eißler (Berlin), berichtete, dass mittlerweile rund vier Millionen Muslime in Deutschland leben; 45 Prozent seien deutsche Staatsbürger. Eißler zufolge wird der Dialog zwischen Christen und Muslimen an Bedeutung gewinnen: „Es wird immer wichtiger, dass wir einander besser verstehen.“ Christen sollten die gemäßigten Muslime in ihrer Nachbarschaft „als Mitmenschen sehen und nicht als Nicht-Christen“. Sie seien keine Bedrohung für die Bedeutung des Christentums. Eißler: „Dass wir vielfach nur ein bis zwei Kinder haben, ist nicht die Schuld der Moslems.“

Der Leiter der transnationalen Arbeit des Acton-Instituts für Studien über Religion und Freiheit, Todd Huizinga (Grand Rapids/US-Bundesstaat Michigan), warb für eine engere transatlantische Zusammenarbeit zwischen Christen. Als Erben der jüdisch-christlichen Tradition stünden sowohl Europa als auch die USA vor tiefgreifenden Herausforderungen. Mit der fortschreitenden Säkularisierung schwänden auch das Verständnis von Freiheit, Würde und Menschenrechten. Diese Begriffe würden zunehmend verzerrt oder gar umgekehrt. So werde Freiheit inzwischen so verstanden, dass Schwangere ihre Kinder abtreiben oder LSBTTI-Menschen (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Transsexuelle, Intersexuelle) ein Geschlecht aussuchen dürften – trotz empirischer Untersuchungen, nach denen der Mensch entweder Mann oder Frau ist. Das aber sei eine Pervertierung des Freiheitsbegriffs, so der langjährige US-Diplomat. Zugleich warnte Huizinga vor einer Überschätzung politischer Möglichkeiten: „Wir werden die Welt nie durch Politik verwandeln. Wir können das Böse nur so einschränken, dass mehr Raum für das Gute entsteht.“

Ein fünffaches Fazit von dem Treffen zog für den Veranstalter der Generalsekretär der Deutschen Evangelische Allianz, Hartmut Steeb (Stuttgart). Ihm sei deutlich geworden, dass im Blick auf das politische Engagement Christen fünf „F“ erfüllen müssten: Es gelte, Faulheit zu besiegen, Feigheit zu überwinden, Freiheit zu leben, Freizeit einzusetzen und Fürbitte zu üben.

Klaus Rösler