06.07.2012

Früherkennung: Den Bluttest auf das Down-Syndrom verbieten

Christliche Organisationen schlagen Alarm: Sie befürchten vermehrte Abtreibungen

Früherkennung: Den Bluttest auf das Down-Syndrom verbieten

Christliche Organisationen schlagen Alarm: Sie befürchten vermehrte Abtreibungen

Berlin (idea) – Noch im Juli will ein Konstanzer Unternehmen einen vorgeburtlichen Bluttest auf das Down-Syndrom (Trisomie 21) für Schwangere auf den Markt bringen. Dagegen gibt es Widerstand. Bei Trisomie 21 enthält jede Körperzelle das Chromosomen 21 dreimal statt zweimal. Mit dieser Anomalie werden in Deutschland laut Schätzungen etwa 700 bis 800 Kinder jährlich geboren. Weltweit gibt es etwa fünf Millionen Personen mit Down-Syndrom. Der Bundesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen und christliche Organisationen protestieren gegen die Einführung des „PraenaTests“ der Firma Life Codexx (Konstanz). Er soll riskante Fruchtwasseruntersuchungen überflüssig machen. Für den Test reichen ein paar Tropfen Blut der Mutter, um festzustellen, ob ihr Kind das Down-Syndrom hat. Das neue Verfahren, dessen Entwicklung vom Bundesforschungsministerium mit rund 230.000 Euro gefördert wurde, soll zunächst in 20 Praxen und Pränatalzentren angeboten werden. Die Kosten pro Test in Höhe von rund 1.250 Euro sollen die Frauen selbst bezahlen, teilte eine Sprecherin von Life Codexx mit. Der Test ist für Frauen ab der zwölften Schwangerschaftswoche gedacht, bei denen ein erhöhtes Risiko für Chromosomenveränderungen beim Embryo besteht.

Hüppe: Test ist illegal

Der Bundesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe (CDU), hat die Bundesländer zum Verbot des neuen Tests aufgerufen: „Ich halte ihn für illegal.“ Er befürchtet, dass der Druck auf Paare steigen wird, eine Abtreibung durchführen zu lassen. Der Test sei nicht nur „im hohen Maße diskriminierend”, sondern diene einzig und allein „der Selektion von Menschen mit Down-Syndrom”. Er legte ein Rechtsgutachten des Bonner Rechtswissenschaftlers Klaus Ferdinand Gärditz vor, wonach der Test laut dem Gendiagnostikgesetz rechtlich unzulässig sei. Er diene weder medizinischen noch therapeutischen Zwecken, so Hüppe. Damit erfülle der Test nicht die Voraussetzungen für eine zulässige vorgeburtliche Untersuchung. Bereits heute werde in über 90 Prozent der Fälle eine Abtreibung vollzogen, wenn die Diagnostik Trisomie 21 beim Nachwuchs feststelle.

Steeb spricht von „Rasterfahndung“ nach Behinderten 

Der Vorsitzende des Treffens Christlicher Lebensrechts-Gruppen (TCLG) und Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb (Stuttgart), bezeichnete es gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea als „Katastrophe“, dass der Test mit Mitteln aus dem Bundesforschungsministerium entwickelt worden sei. Er werde zu einer vorgeburtlichen „Rasterfahndung“ nach behinderten Kindern führen. Deren Tötung im Mutterleib nannte er ein schweres Menschenrechtsvergehen.

Bundesverband Lebensrecht: Schritt zur Vernichtung der Menschenwürde

In die Kritik an dem Bluttest stimmt auch der Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL), Martin Lohmann (Berlin), ein: „Die geplante Einführung des Praena-Tests ist mit allen gesetzlichen Mitteln zu verhindern.“ Die Zulassung wäre nach seinen Worten ein weiterer Schritt zur Vernichtung der Menschenwürde und würde der das Lebensrecht verachtenden Selektion Tür und Tor öffnen. Das Grundgesetz verpflichte den Staat, „durch geeignete Vorkehrungen zu verhindern, dass behinderte Menschen vorgeburtlich routinemäßig ausgesondert werden.“

Lebensrechtler befürchten „neuen Völkermord“ 

Scharfe Kritik an der Einführung des Tests üben auch die Christdemokraten für das Leben (CDL). Die Bundesvorsitzende Mechthild Löhr (Königstein/Taunus) erklärte: „Ein genetischer Test, dessen einziger Zweck in der vorgeburtlichen Erkennung, Diskriminierung und Tötung behinderter Föten besteht, darf in einem der Menschenwürde verpflichteten Rechtsstaat nicht zur Anwendung kommen.“ Die Christdemokraten für das Leben (CDL) sind eine selbständige Initiative in der CDU/CSU mit 5.000 Mitgliedern. Die Vorsitzende der „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA), die Ärztin Claudia Kaminski (Köln), warnt ebenfalls eindringlich: „Sollte dieser Test zugelassen werden, droht ein neuer Genozid“ (Völkermord).“ Ein Chromosom mehr dürfe kein akzeptabler Grund für eine vorgeburtliche Kindstötung sein. Die Organisation fordert Bundesregierung und Parlament auf, „endlich dafür sorgen, dass das Lebensrecht behinderter Menschen anerkannt wird“. Eltern, die ein Kind mit Down-Syndrom erwarteten, verdienten die tatkräftige Unterstützung von Staat und Gesellschaft, „nicht aber die Erlaubnis und bisweilen Aufforderung zur straffreien Abtreibung eines solchen Kindes“.

Ärztepräsident: Das Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) sieht in dem Test „keinen ethischen Dammbruch”. Auch sei keine sprunghafte Zunahme von Schwangerschaftskonflikten zu befürchten. Der DGGG zufolge verlieren etwa zehn von 1.000 Frauen infolge dieser Eingriffe ihr gesundes Kind. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery (Hamburg) befürwortet den Bluttest. Im Kern der Debatte geht es nach seiner Meinung auch nicht um den neuen Test, sondern vielmehr „um die Pränatal-Diagnostik und ihre Konsequenzen insgesamt“: „Unsere Gesellschaft hat sich für Pränatal-Diagnostik entschieden. Das Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Daher ist es besser, diesen Bluttest anzuwenden, als eine mit Risiken behaftete Fruchtwasseruntersuchung vorzunehmen.”