17.01.2012

Allianzgebetswoche: Wir haben unsere Nöte vor Gott gebracht

An der Gebetswoche der Evangelischen Allianz beteiligten sich in der letzten Woche 340.000 Christen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie kamen auch an ungewöhnlichen Orten zusammen. idea-Reporter waren dabei.

Allianzgebetswoche: Wir haben unsere Nöte vor Gott gebracht

An der Gebetswoche der Evangelischen Allianz beteiligten sich in der letzten Woche 340.000 Christen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie kamen auch an ungewöhnlichen Orten zusammen. idea-Reporter waren dabei.

 

Im „Ebbelwei-Express“ auf Gebetsfahrt

Frankfurt am Main: Gebete in der Straßenbahn

„Halleluja, du begeisterst mich“ – aus vollen Kehlen loben die meist jungen Christen Gott. Sie tun dies in einer Straßenbahn: im „Ebbelwei-Express“ – auf Hochdeutsch Apfelwein-Express. An diesem Abend rattert er zwei Stunden lang durch Frankfurt am Main Die örtliche Evangelische Allianz hat zwei historische Wagen anlässlich der Gebetswoche gemietet. Etwas mehr als 50 Christen aus evangelischen und katholischen Gemeinden steigen am Hauptbahnhof in das knallrote Gefährt ein. Der Ebbelwei-Express kutschiert seit 1977 Fahrgäste durch die Mainmetropole. An diesem Abend dient er als Gebets-Express. Statt Apfelwein werden Apfelschorle und Wasser angeboten. Dazu gibt es gesalzene Brezeln aus der Tüte. Jeder Teilnehmer erhält einen Info-Zettel mit der Fahrtroute und Gebetsanliegen. Der Gebetsleiter der örtlichen Allianz, Bernd Oettinghaus, ruft dazu auf, während der Fahrt „mit offenen Augen und offenen Herzen“ für Bürger, Gemeinden und Institutionen zu beten. Manche tun dies für sich – still oder laut – , andere in Gruppen. Viele singen vor allem Anbetungslieder. An der Großdiskothek „A 66“ wird dafür gebetet, dass Jugendliche Christus kennenlernen. Im Bahnhofsviertel tritt man für Menschen am Rande der Gesellschaft ein: Drogenabhängige, Obdachlose, Prostituierte. Ein weiteres Anliegen ist das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Migranten, Christen und Muslimen.

Der Macht des Kapitalismus Einhalt gebieten

Die Tour führt auch an der Europäischen Zentralbank und dem Zeltlager der Occupy-Bewegung vorbei. Sie will der Macht des Geldes und des Kapitalismus Einhalt gebieten. Oettinghaus bittet darum, dass Gott Ungerechtigkeiten in der Finanzwelt beseitigt. Banken sollten mit dem Geld vor allem den Menschen dienen und nicht dem Profit von wenigen. Oettinghaus betet: „Ich bitte dich auch, dass wir den Gott Mammon nicht länger anbeten.“ Am Rathaus, dem Römer, ermuntert Oettinghaus dazu, für die Oberbürgermeisterwahl am 11. März zu beten. Er dankt zugleich für die Amtsinhaberin Petra Roth (CDU), „die viel Gutes für die Stadt bewirkt hat“ und sich wiederholt zum christlichen Glauben bekannt habe. Am Ende beten alle das Vaterunser und stimmen ein Segenslied für ihre Stadt an: „Herr, wir bitten: Komm und segne sie, lege auf sie deinen Frieden.” Christian Starke

Für Frieden im Nahen Osten gebetet

Nürnberg: Arabische und jüdisch-stämmige Christen

In Nürnberg war der Internationale Gebetsabend der bestbesuchte der Gebetswoche. 250 Christen aus afrikanischen, asiatischen und europäischen Ländern beteten für den Nahen Osten. Dabei konnten sie an sechs „Stationen“ ihre Anliegen vor Gott bringen. Da wurde etwa über einer Israel-Landkarte besonders für Verständigung und Frieden gebetet. In einem Zelt dachten die Beter an das jüdische Volk; im Gemeinderaum war ihnen wichtig, dass alle Völker Jesus als Messias erkennen. Die Arabisch-Kurdische Gemeinde beteiligte sich mit zwei Liedern. Die Predigt hielt Pastor Nikolaj Krasnikov von der messianisch-jüdischen Gemeinde „Beit Chesed Adonaj“ (Haus der Gnade Gottes). Im Anschluss kam es zu Begegnungen zwischen jüdisch-stämmigen und arabischen Christen. Für viele Besucher wurde so klar: „Was unsere Völker in der Politik nicht schaffen, das ist hier durch Jesus möglich.“ Friedrich Zahn, Pastor der gastgebenden Freien evangelischen Gemeinde und Vorstandsmitglied der Evangelischen Allianz Nürnberg, freute sich über den doppelten Gewinn dieses Abends: Die fremdsprachigen Gemeinden, die oft wenig mit anderen Christen in der Stadt vernetzt seien, hätten ihren Blick weiten können, und die deutschsprachigen Gemeinden hätten ein neues Bewusstsein für die Vielfalt der Gemeinde Jesu Christi in ihrer Stadt erhalten. In Nürnberg gab es allabendlich bis zu drei parallele Gebetstreffen mit je bis zu 40 Teilnehmern. Den Jugendgebetsabend besuchten etwa 120 junge Menschen. Klaus-Peter Grass 

Gebete – organisiert vom „offenen Himmel”

Freiburg: 24 Stunden lang wurde gebetet

Einen Tag lang rund um die Uhr wurde in Freiburg gebetet, von Freitag 20 Uhr bis Samstag 20 Uhr. Organisiert wurde das Treffen vom überkonfessionellen Verein „open skies“ (offene Himmel), der alle zwei Monate zu einem solchen 24-Stunden-Gebet einlädt. Jede Stunde war ein anderer Mitarbeiter verantwortlich, darunter ein Offizier der Heilsarmee, ein freikirchlicher Pastor, ein landeskirchlicher Pfarrer oder Jugendliche. In einigen Stunden kamen bis zu 20 Mitbeter, in der Nacht blieben die Gebetsleiter manchmal unter sich. Die Gebetsstunden waren ganz unterschiedlich gestaltet – vom liturgischen Rahmen, über das freie Gebet, bis hin zum ununterbrochenen Gesang von Lobpreislieder. Für den Vorsitzenden der Evangelischen Allianz in Freiburg, Stadtmissionar Norbert Aufrecht, besteht der Charme dieses Treffens darin „zu wissen, dass man beliebig lange und rund um die Uhr zum Gebet kommen kann“. Das sei ein gutes Angebot für Christen, die sich von klassischen Gebetsabenden weniger angesprochen fühlen, sagte Aufrecht idea. Klaus-Peter Grasse

Obwohl die „Grünen“ dagegen waren …

Hannover: … gab es ein Gebetstreffen im Landtag

„Grüne fordern Absage des Gebets im Landtag“ – so lauteten Schlagzeilen in der hannoverschen Presse zur diesjährigen Allianzgebetswoche. Gleichwohl kamen am 9. Januar im Rathaus, in der Staatskanzlei und im Portikus des Landtags jeweils rund 15 bis 25 Christen aus Landes- und Freikirchen zusammen, um ihre Wertschätzung für die Arbeit der Abgeordneten und Bediensteten auszudrücken – nach dem biblischen Motto „Suchet der Stadt Bestes und betet für sie“ (Jeremia 29,7). Dazu ein Kommentar von Pastor Jan-Peter Graap, Öffentlichkeitsbeauftragter der Evangelischen Allianz Hannover: „Etwas mulmig wird einem schon, wenn man so kritisch betrachtet wird. Zusätzlich ließ es sich ein Bundesvorstandsmitglied der Humanistischen Union bei unserem Gebet im Niedersächsischen Landtag nicht nehmen, kurzerhand das Wort an uns zu richten: Es sei rechtlich unkorrekt, dass wir als Christen das Neutralitätsgebot des Staates verletzten. Wirklich? Die Zusage kam über das Büro des Landtagspräsidenten Hermann Dinkla (CDU). Sein Stellvertreter, Hans-Werner Schwarz (FDP), zeigte sich in seiner Begrüßung beeindruckt von Menschen, denen es – wie er sagte – eine Herzensangelegenheit sei, für Politiker zu beten. An Öffentlichkeit mangelte es diesmal nicht: Schon unser Betreten des Portals wurde von zwei regionalen Fernsehteams gedreht. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Landtag, Gabriele Heinen-Kljajic, kritisierte vor laufender Kamera das ‚politische Gebet‘. Ganz zu schweigen von dem Vorwurf, die Evangelische Allianz sei eine Organisation, der es an Toleranz fehle und die einem alten Menschenbild aufsitze. Im Internet folgten entsprechende ‚Würdigungen‘ als ‚christliche Taliban‘. Und das alles nur, weil es uns aufgrund unseres christlichen Glaubens ein Anliegen ist, für Menschen in die Fürbitte zu treten, deren politische Arbeit und Herausforderungen wir sehr ernst nehmen. Das Beten für Verantwortliche ist uns nach biblischem Zeugnis aufgetragen.”

Damit es den Einwohnern gut geht

Ehringshausen: Beter suchen der Kleinstadt Bestes

Noch nicht einmal „ein Punkt auf dem Globus“ sei Ehrings­hausen, heißt es im Internetauftritt des mittelhessischen Ortes. Aber beim Gebet setzt er trotzdem ein kräftiges Ausrufungszeichen. Über 100 Besucher drängten sich am 11. Januar in die aus dem 15. Jahrhundert stammende Wehrkapelle. „Suchet Ehringshausens Bestes“ – unter diesem Motto trugen Repräsentanten aus Kommune, evangelischer Kirche, Gemeinschaften und dem CVJM Anliegen zu Dank und Fürbitte vor. Darunter waren der stellvertretende Bürgermeister Karl-Heinz Eckhardt (FWG) sowie Vertreter der kirchlichen Jugendarbeit, der Diakonie, des CVJM und der Gemeinschaften. Die Anliegen reichten von der Vermittlung von Bibelwissen an Kinder und Jugendliche über den Bedarf an Pflegekräften im Krankenhaus, die Entlastung für pflegende Angehörige, beständig motivierte Lehrer, mehr Kindergartenplätze bis zum Vereinsleben. Pfarrerin Dagmar Krauth-Zirk sagte, Ziel des Betens sei, „dass es den Bürgern von Ehringshausen gutgeht“. Die Initiative ging vom langjährigen Vorsitzenden des CVJM-Kreisverbands Gießen-Wetzlar, Wilfried Faber, aus: „Wer die Not der Menschen im Gebet vor Gott bringt, kann nicht sitzen bleiben, sondern wird anpacken.“ Wolfgang Polzer