06.01.2012
Ägypten: Kauder: Wahlergebnisse "beunruhigend"
CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder fordert den Aufbau eines freiheitlichen und toleranten Ägyptens.
Foto: Markus Hammes (CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag)
Kauder verweist in seinem Gastbeitrag unter der Überschrift "Dreikönig und die Demokratie in Ägypten" auf den biblischen Bericht von der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten, das in dieser Schilderung als ein Ort der Sicherheit erscheine. Schaue man sich jedoch die Entwicklungen der vergangenen Monate oder gar Tage an, müsse man leider feststellen, dass das Land davon weit entfernt sei. "Wir müssen uns über die Entwicklung in Ägypten Sorgen machen." Ob in dem nordafrikanischen Land die Demokratie wirklich siege, sei unklar. Die Christen lebten zum Teil in großer Gefahr.
Der Unionsfraktionschef erinnert an seine Ägyptenreise vor einem Jahr, bei der Christen ihm von einer zunehmenden Islamisierung der Gesellschaft berichtet hätten. Nur wenige Tage später hätten die Proteste gegen das autokratische Mubarak-Regime begonnen. "Wir sahen Bilder vom Tahrir-Platz, auf dem junge Leute für Freiheit und ein besseres Leben demonstrierten und bewegende Szenen, als Christen sich während des Freitagsgebets schützend vor Muslime stellten und Muslime im Gegenzug Christen während einer Sonntagsmesse auf dem Platz schützten", schreibt Kauder.
Islamistische Kräfte im Aufwind
"So ermutigend dieses Zusammenwirken von Muslimen und Christen in den Tagen der Revolution war, so schnell wurde nach dem Sturz Mubaraks deutlich, dass sich auch die islamistischen Kräfte im Aufwind fühlten", fährt der CDU-Politiker fort. "Sie hatten zwar nichts zum Umbruch beigetragen, wollten aber nun die Gunst der Stunde nutzen." Insbesondere die Salafisten, deren Ziel es sei, Ägypten in einen islamischen Gottesstaat zu verwandeln und die sich dabei an den gesellschaftlichen Verhältnissen im siebten Jahrhundert orientierten, seien eine große Gefahr. Sie steckten hinter den Anschlägen auf Kirchen, die in den vergangenen Monaten zugenommen hätten "und haben sowohl religiöse Minderheiten als auch die säkularen Kräfte zu Feinden erklärt".
Im Hinblick auf die Ergebnisse der ersten freien Parlamentswahlen schreibt Kauder: "Das starke Abschneiden der Islamisten, insbesondere die überraschende Stärke der Salafisten, ist beunruhigend." Zugleich bleibe offen, inwieweit dieses frischgewählte Parlament überhaupt Einfluss auf die neu auszuarbeitende Verfassung haben werde. "Ist die Armee, die seit dem Abgang Mubaraks die politische Kontrolle übernommen hat, zu einer Machtübergabe bereit oder droht eine Militärdiktatur?"
Gemeinsam mit den europäischen Partnern versuche Deutschland, das Land in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen. Ziel sei ein demokratisches Ägypten. "Wir appellieren an die Verantwortung aller, die nach politischer Macht streben, einen freiheitlichen und toleranten Staat aufzubauen – ein Ägypten, in dem Muslime und Christen ihren gleichberechtigten Platz haben", fordert der CDU-Politiker. "Aber die Sorge wächst, dass sich die Hoffnung nicht erfüllt. Wir müssen alles tun, dass diese Hoffnung nicht stirbt, im Sinne der Christen in Ägypten, aber auch all seiner Bürger, die anderen Glaubens sind."
Bei der Parlamentswahl in Ägypten haben die radikalen Islamisten laut einer Meldung der Nachrichtenagentur "dpa" in der der dritten und letzten Runde noch besser abgeschnitten als in den ersten beiden Wahlgängen. Damit werde die Mehrheit der islamistischen Parteien im ersten Parlament nach der Entmachtung von Präsident Husni Mubarak immer wahrscheinlicher. Die als moderat-islamisch eingestufte Partei der Muslimbrüder könne rund 40 Prozent der Mandate erhalten, die radikale "Partei des Lichts" (Salafisten) mehr als 20 Prozent. Das endgültige Wahlergebnis für alle 27 Provinzen wird Ende kommender Woche erwartet.
Vortrag anlässlich der Allianzgebetswoche
Der Einsatz für verfolgte Christen ist auch Gegenstand eines Vortrags, den Kauder im Rahmen der Allianzgebetswoche halten wird. Am Donnerstag, dem 12. Januar, spricht er um 20 Uhr in den Räumen der Freien evangelischen Gemeinde Wuppertal-Ronsdorf (Bandwirkerstraeße 28 - 30) über das Thema "Einstehen für verfolgte Christen – damit die Hoffnung wächst". (pro/dpa)
VON: aq | 06.01.2012