12.04.2012
SPRING: "Gott antwortet uns persönlich"
Dr. Roland Werner beim GemeindeFerienFestival in Willingen
(Willingen) In einem Vortrag im Rahmen des GemeindeFerienFestivals SPRING in Willingen (Sauerland/Hessen) hat am Mittwochabend Dr. Dr. Roland Werner, Generalsekretär des CVJM-Gesamtverbandes, über die Souveränität Gottes gesprochen. Seit der Zeit der Aufklärung würden viele Menschen danach streben, selbst souverän zu sein, selbstgenügsam und selbstbestimmt zu leben. "Viele sagen heute, sie bräuchten keinen Gott, maximal eine gute Partnerschaft." Dem entspreche der Versuch, Gott durch Logik widerlegen zu
wollen, so der promovierte Theologe. Doch dabei merkten die meisten nicht,
dass sie die Fähigkeit der Logik gerade durch Gott, dem souveränen Schöpfer bekommen haben. Auch angesichts der Erkenntnis der Endlichkeit des Menschen und der Komplexität der Welt sei Bescheidenheit angebracht.
Die entscheidende Frage sei daher: Wie reagieren wir auf die Souveränität
Gottes? Lassen wir zu, dass Gott der Herr in unserem Leben ist? Die Frage
nach der Souveränität Gottes sei letztlich nicht philosophisch oder logisch zu beantworten, sondern von der Bibel her. "Der Gott, der uns in der Bibel begegnet, ist der souveräne Gott und zugleich der, der sich uns zuwenden." Gottes Allmacht sei nicht die eines Diktators. "Gott beantwortet unsere Fragen nach der Allmacht nicht theoretisch, sondern persönlich, etwa in dem Zuspruch, keine Angst zu haben und ihm zu vertrauen“, sagte Werner, der auch promovierter Afrikanist ist.
Was kennzeichnet die "neue Unterschicht"?
Der Ethiker und Soziologe Thomas Schirrmacher (Bonn) hat Christen und
Kirchen dazu aufgefordert, sich für die "neue Unterschicht" einzusetzen.
Die Hilfe laufe allerdings ins Leere, wenn man sich nicht vorher gründlich
damit auseinandersetze, was diese "neue Unterschicht" ausmacht. Längst, so
Schirrmacher, hat sich in Deutschland eine dauerhafte "neue" Unterschicht
festgesetzt. Man nenne sie "neu", weil sie sich kulturell stark von der
früheren Unterschicht des 19. und 20. Jahrhunderts unterscheidet und ihre
Armut sich nicht mehr in erster Linie in Hunger, Krankheit und
Unterdrückung äußert. Hatte sich etwa die frühere Arbeiterschicht stark
und aktiv in Arbeitervereinen, Gewerkschaften und Parteien organisiert und
für ihre Rechte und ihren Aufstieg gekämpft, sei die neue Unterschicht
eher durch Passivität gekennzeichnet. Man nehme kaum am gesellschaftlichen
Leben teil, setze sich kaum für den Aufstieg und die Bildung der Kinder
ein und zahle lieber mehr für "Bequemeres". Die heutige Unterschicht sei
gemessen am heutigen Durchschnitt zwar arm, gemessen an den Armen von vor
100 Jahren aber reich. Fertigprodukte wie ein Essen im
Fast-Food-Restaurant siege über günstigere Produkte, die man selbst
zubereiten muss. "Das Fernsehen siegt über die Bildung der Kinder und die
Abhängigkeit vom Staat über den Wunsch, durch Arbeit aus der Misere zu
finden", erklärte Schirrmacher.
Der Ethiker geht davon aus, dass Kirchen und Gemeinden die neue
Unterschicht ebenso wenig im Blick hätten, wie einst die Arbeiterschicht
im 19. Jahrhundert. Kirchenferne Menschen würden in erster Linie in der
Mittelschicht erreicht. Gerade die Passivität der neuen Unterschicht
zwinge Kirchen und christliche Werke, aktiv zu werden und nach dem Gebot
Jesu zu "gehen", und nicht darauf zu warten, dass das eigene attraktive
Programm die Schwachen der Gesellschaft von selbst anziehe.
Islam weder idealisieren noch dämonisieren
Über die Chancen und Gefahren einer "multikulturellen Gesellschaft" hat
der Religionssoziologe Thomas Schirrmacher in einem weiteren Seminar
referiert. Er belegte in seinem Vortrag statistisch, dass Deutschland seit
Ende des Zweiten Weltkrieges das führende Einwanderungsland in Europa sei.
Selbst Roderich Egeler, der Präsident des Statistischen Bundesamtes, der
sich ansonsten eher mit politischen Aussagen zurückhalte, habe davon
gesprochen, dass Deutschland die Zuwanderer dringend benötige, wenn es
nicht ausdünnen und vergreisen wolle: "Der Rückgang der Bevölkerung
vollzieht sich ausschließlich bei den Deutschen ohne
Migrationshintergrund."
"Deutschland hat meines Erachtens viele Chancen für die Integration von
Einwanderern ohne Zwang, falschen Nationalismus oder die Vorgabe eines
bestimmten Lebensstils", so Schirrmacher. Wo die Integration nicht
gelungen sei, liege dies vor allem an den Problembereichen wie Bildung,
jugendlicher Gewalt und Religion. "Wenn eine wachsende Zahl nicht in die
Arbeitswelt integrierter Türken in Deutschland lebt, verwundert es nicht,
dass diese vermehrt für den Islamismus anfällig ist", sagte Schirrmacher.
"Hier die Augen vor wachsenden Problemen wie Ehrenmorden, Gewalt an Frauen oder dem Predigen von Hass und Krieg zu verschließen, führt auch nicht weiter."
Die Christen rief er dazu auf, offen und beherzt bereit zu sein,
christliches Denken und christliche Werte öffentlich darzustellen und zu
empfehlen: "Lasst euer Meinungsbild nicht von den Medien bestimmen."
Christen hätten die Aufgabe, wachsam und dem Zeitgeist kritisch gegenüber
eingestellt zu sein. Aus Schirrmachers Sicht gehe eine "Idealisierung" des
Islam ebenso an der Realität vorbei wie die "Dämonisierung".
Politiker mahnte Schirrmacher zur Fairness: "Lasst Muslimen nicht
Gewaltaufrufe durchgehen, während Christen noch nicht einmal Abtreibung
'Mord' nennen dürfen", forderte der Theologe.