02.04.2011
Deutschland/WEA: Verurteilung der Koranverbrennung
„Terry Jones, lies Deine Bibel und setze dich nicht an die Stelle Gottes!“ Eine Stellungnahme von Thomas Schirrmacher, Vorsitzender der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz
Deutschland/WEA: Verurteilung der Koranverbrennung
„Terry Jones, lies Deine Bibel und setze dich nicht an die Stelle Gottes!“
Eine Stellungnahme von Thomas Schirrmacher, Vorsitzender der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz
Während Jesus seinen Nachfolgern prophezeit: „Die Sanftmütigen werden das Erdreich besitzen. ... Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ (Mt 5,5.9) und sein Apostel Paulus uns auffordert: „Haltet, solange es an euch liegt, mit allen Menschen Frieden”(Röm 12,18), hat Jones beschlossen, dass Zündeln angesagt ist, zunächst wörtlich, jetzt durch Nutzen der sozialen Netzwerke im Web für eine internationale Gerichtsverhandlung gegen den Koran und die anschließende Verurteilung und Verbrennung eines Koranexemplars.
Auch wenn wir alle in Gefahr stehen, nicht dem Evangelium entsprechend zu leben, gilt doch hier ganz besonders, was Gott sagt: „Um euretwillen wird Gottes Name verlästert unter den Heidenvölkern” (Röm 2,24). Bisher hat Terry Jones jedenfalls weder den Gott der Liebe noch Jesus weltweit bekannt gemacht, sondern nur sich selbst!
Terry Jones versucht aus der politischen Stimmung gegen den Islam Kapital für den Glauben – oder besser für sich selbst - zu schlagen. Doch: „Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen” (Mt 26,52). Dem steht entgegen: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut ...“ (Gal 5,22-23). Unser Auftrag lautet deswegen anders: „Erinnere sie daran, dass sie der Gewalt der Obrigkeit untertan und gehorsam seien, zu allem guten Werk bereit, niemanden verleumden, nicht streiten, gütig seien, alle Sanftmut beweisen gegen alle Menschen.“ (Tit 3,1-2).
Terry Jones verquickt gegenüber dem Islam die Aufgabe der Kirche und die Aufgabe des Staates bis zur Unkenntlichkeit miteinander. Am Ende gesteht er aber weder der Kirche noch dem Staat irgendeinen Platz, sondern nimmt als Individuum das Heft des Handelns an Stelle der vermeintlich zu freundlichen Kirche und des zu laschen Staates selbst in die Hand. Der islamistische Gedanke, dass der Einzelne Gewalt üben und den Islam durchsetzen darf, wenn der Staat und die Gemeinschaft das tun müßten, aber nicht tun, der jedes staatliche Rechts- und Gewaltmonopol unmöglich macht, findet hier seine Entsprechung im pseudochristlichen Gewand.
Natürlich ist es falsch, dass Muslime auf solche Provokationen mit Gewalt reagieren. Aber wer trotzdem derart überzogen provoziert und bewußt Gewalt schürt und dabei selbst kriegerische Sprache benutzt, ist für die anschließende Gewalt zumindest mit verantwortlich. Deswegen hatte die Weltweite Evangelische Allianz Jones zu Recht den Besuch von Witwen von Christen angekündigt, deren Männer Opfer islamistischer Gewalt waren.
Christen sind froh, dass Gott selbst der Richter ist und sich selbst jedes endgültige Urteil vorbehalten hat. Nur Gott selbst kann Menschen ins Herz schauen und sein Urteil am Ende kennen wir nicht, denn „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HErr aber sieht das Herz an.“ (1Sam 16,7).
Gott hat uns auch untersagt, irgendeine Art von Strafurteil über unsere Kritiker zu vollziehen und Menschen für ihren ‚Unglauben‘ zu strafen. Schon Jona musste erleben, dass Gott barmherziger war, als Jona selbst, der lieber das Gericht über Ninive gesehen hätte (Jona 4,1-10). Und Jesus verwarf den Gedanken seiner Jünger deutlich, auf ablehnende Dörfer Feuer vom Himmel zu schicken (Lk 9,51-56). Christliche Verkündiger mögen blutenden Herzens bedauern, dass andere Menschen das Angebot der Erlösung in Christus ablehnen, sie haben nie das Recht, sie dafür zu Unmenschen zu erklären, zu beschimpfen, den Staat auf sie zu hetzen oder das Gericht über sie herbeizuflehen oder es auszuführen.
Das Gewaltmonopol hat nach biblischem Verständnis nur der Staat inne, der aber weder die Aufgabe hat, das Evangelium zu verkündigen, noch die christliche Kirche zu vergrößern, ja überhaupt sich aus Fragen des Gewissens und der Religion herauszuhalten hat, weswegen er im Gegenzug sogar ausdrücklich als „Gottes Diener“ Christen bestrafen muss, die Böses tun (Röm 13,1-7). Der Staat hat Christen nur insofern zu beschützen, als er alle beschützen soll, die Gutes tun und als er im Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden alle daran hindern muss, die Gewalt planen oder ausüben, gleich ob religiös motiviert oder nicht.
Hätte Jesus wohl einen Koran verbrannt? Hätte Paulus das befürwortet? Zwar „ergrimmte“ auch er über die vielen Götzen in Athen (Apg 17,16), redete aber anschließend freundlich und in Hochachtung mit den griechischen Philosophen (Apg 17,22-23). Denn Christen „verteidigen“ ihren Glauben immer „in Sanftmut und Ehrerbietung“ gegenüber Kritikern (1Petr 3,15-16).