10.11.2010
Türkei: Stillstand bei der Religionsfreiheit
Open Doors: Christen nach wie vor stark benachteiligt
Kelkheim/München (idea) – Die türkische Regierung soll konkrete Schritte zur Einhaltung der Religionsfreiheit unternehmen. Das fordert das Hilfswerk Open Doors, das sich für diskriminierte und verfolgte Christen einsetzt. „Wir beobachten einen Stillstand zu Lasten insbesondere der Christen“, sagte der Leiter des Referats Menschenrechte beim deutschen Zweig der Organisation, Daniel Ottenberg (Kelkheim bei Frankfurt am Main), anlässlich des jüngsten Fortschrittsberichts der Europäischen Union (EU) zur Türkei. So mangele es an staatlich zugelassenen Versammlungsstätten für nicht-muslimische Minderheiten. Vielerorts würden Christen und gemeindliche Aktivitäten von staatlichen Sicherheitskräften beobachtet. Christliche Organisationen hätten noch immer Probleme, Grundstücke für kirchliche Zwecke zu erwerben und sich registrieren zu lassen. Kinder religiöser Minderheiten müssten zwangsweise am muslimischen Religionsunterricht teilnehmen, so Ottenberg. Auch die Ausbildung von nicht-muslimischen Geistlichen sei in der Türkei verboten. Alle diese Fakten verstießen gegen Verpflichtungen, die die Türkei international eingegangen sei. In dieses Bild passe auch, dass die Morde an drei Christen im osttürkischen Malatya im April 2007 bis heute nicht aufgeklärt sind. Opfer waren der Deutsche Tilmann Geske sowie zwei Mitarbeiter des protestantischen Zirve-Verlags in Malatya, Necati Aydin und Ugur Yüksel. Das Gerichtsverfahren verlaufe sehr schleppend, so Ottenberg. Open Doors ermuntert Politiker, sich weiterhin für die Gewährung der Religionsfreiheit in der Türkei einzusetzen. Das Land habe hier eine Bringschuld. Nur so könnten auch die christlichen Gemeinden im Land wieder Mut fassen. Über 95 Prozent der 72 Millionen Einwohner der Türkei sind Muslime. Von den rund 120.000 Christen gehören etwa 4.000 zu evangelikalen Gemeinden.
CSU-Politiker: Klartext reden mit der Türkei
Unterdessen hat sich der außenpolitische Sprecher der CSU im Europäischen Parlament, Bernd Posselt (München), für mehr Ehrlichkeit im Umgang mit der Türkei ausgesprochen. Man müsse dem kleinasiatischen Land ganz offen sagen, dass eine EU-Vollmitgliedschaft nicht in Frage komme. Zugleich gelte es aber deutlich zu machen, dass Fortschritte bei Demokratie, Menschen- und Minderheitenrechten, Religionsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit sowohl im Interesse der Türken selbst seien als auch ihren internationalen Verpflichtungen entsprächen: „Wir wollen eine enge und maßgeschneiderte Partnerschaft jenseits eines EU-Beitrittes, doch die kann nicht gelingen, wenn Christen und andere Minderheiten weiter drangsaliert werden und sich das Land rückwärts entwickelt.“