21.07.2009
Islamische Gelehrte gegen Bestrafung des Abfalls vom Islam
(Bonn, 14.07.2009) Die John Templeton Foundation, eine der ganz wenigen amerikanischen Großstiftungen, die Forschungsgelder für religiöse Themen vergibt, plant ein neues internationales Großforschungsprojekt zur Religionsfreiheit. Dazu rief sie unter Vorsitz des amerikanischen Religionswissenschaftlers Allen Hertzke Gelehrte aus aller Welt zu einem Symposium in Istanbul unter dem Titel „Constituting the Future: A Symposium on Religious Liberty, Law, and Flourishing Society" zusammen.
Der Sohn des Stifters und heutige Präsident der Stiftung, John Templeton Jr., beehrte die Versammlung mit seiner Teilnahme. Das Thema hätte seinem Vater sehr am Herzen gelegen und er sei sicher, dass durch verbesserte Forschung die Religionsfreiheit weltweit gefördert werden könne, so Templeton in seinem Grußwort.
An dem Symposium nahmen Professoren der Religionssoziologie und verwandter Disziplinen teil, die sich für Religionsfreiheit einsetzen. Darunter befanden sich auch die meisten der international führenden islamischen Gelehrten, die für völlige Religionsfreiheit und für eine Abschaffung des mit der Todesstrafe bedrohten Verbotes des Abfalls vom Islam eintreten, wie etwa Abdullah Saeed von den Malediven, Abdelwahab El-Affendi aus Großbritannien und Recep Sentürk aus Istanbul. Ebenso nahmen jüdische, christliche, konfuzianische und atheistische Gelehrte teil, wie etwa der katholische Islamwissenschaftler Silvio Ferrari aus Mailand, die russisch-orthodoxe Religionswissenschaftlerin Elena Miroschnikova aus Moskau, der Präsident des nächsten Evangelischen Kirchentages, der Professor für öffentliches Recht, Gerhard Robbers, oder der deutsche evangelische Religionssoziologe Thomas Schirrmacher.
Der Korankommentator Abdullah Saeed von den streng muslimischen Malediven und derzeit Professor für Islamische Studien in Australien vertrat die Meinung, dass man die Abwendung vom Islam zulassen könne ohne eine Grundlehre des Islam antasten zu müssen. Überhaupt werde der Abfall vom Islam heute oft viel härter bekämpft als zu den meisten Zeiten der islamischen Geschichte. In der heutigen globalisierten Welt sei es darüber hinaus nicht anders zu erwarten, als dass einige Menschen insbesondere zwischen den großen Weltreligionen hin und her wechselten. In Bezug auf die Türkei vertrat er die Meinung, dass 5.000 Konvertiten vom Islam zum Christentum im Laufe vieler Jahre sicher die türkische Kultur und Identität kaum gefährden dürften. Saeed hat seine Auffassung bereits 2004 in seinem Buch ‚Freedom of Religion, Apostasy and Islam‘ dargelegt.
Der Ökumenische Patriarch der Orthodoxen Kirchen, Bartholomäus I., rief alle Teilnehmer in einer Rede dazu auf, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass Menschen nicht wegen ihres Glaubens diskriminiert würden. Dies müsse auch zwischen den großen Religionen besprochen werden, unabhängig davon, inwiefern man sich inhaltlich einigen könne oder nicht.
Anschließend kam es auch zu einer erneuten Begegnung zwischen dem Patriarchen und Thomas Schirrmacher als Vertreter der Weltweiten Evangelischen Allianz.