17.04.2009

„Fußball darf nicht zur Ersatzreligion werden“

Evangelischer Pfarrer über die schönste Nebensache der Welt

„Fußball darf nicht zur Ersatzreligion werden“

Evangelischer Pfarrer über die schönste Nebensache der Welt

 

Was Christen vom Fußball lernen können
Selbst für manche Theologen ist Fußball „die schönste Nebensache der Welt“. So auch für den evangelischen Pfarrer Dr. Christoph Morgner (Siegen), im Hauptberuf Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes ist. Morgner referierte in Ruhpolding beim GemeindeFerienFestival SPRING zum Thema: „Der Ball ist rund“.
„Etwas gemeinsam tun, ist gerade in der Jugendarbeit unglaublich wichtig“, so der 65-jährige Theologe. „Wir sind als Christen dazu geneigt, etwas kopflastig zu sein. Aber wenn Paulus sagt, dass unser Körper der Tempel des Heiligen Geistes ist, wäre es ja schlimm, wenn wir mit ihm nicht verantwortungsvoll umgehen.“ Fußball sei auch für Christen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung: „Wer durchdacht oder regelmäßig Sport treibt, tut sich selbst etwas Gutes“, so Christoph Morgner. Wer nur zuschaue, könne immerhin für zwei Stunden seine Probleme vergessen und „mal abschalten“.

Junge Leute brauchen ein Fundament fürs Leben
Fußball sei laut Morgner „die schönste Nebensache der Welt“, dürfe aber nicht zur Ersatzreligion werden. „Das Bekenntnis zu einem ganz bestimmten Club ist in manchen Orten ja schon eine Glaubensfrage“, sagte der Präses. Wer nicht sein Herz an den Fußball hänge, könne vom Fußball auch durchaus viel Positives lernen, beispielsweise mit Siegen und Niederlagen umzugehen. „Schon Martin Luther sagte: ‚Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott‘“, so Morgner. Weiter sagte der 65Jährige: „Jeder Mensch kniet vor irgendetwas, die Frage ist nur, wovor? Wir alle brauchen etwas, was wir verehren können.“ Dem Theologen gehe es nicht darum, anderen Menschen Fußball vermiesen zu wollen. Es gehe ihm darum, „dass junge Leute ein Fundament fürs Leben bekommen, das sie wirklich tragen kann.“

Christliche Sprache „aktuell und verständlich“
„Gelbe und rote Karten sorgen dafür, dass die Spiele rücksichtsvoll ablaufen“, so der Präses. Aber die ganzen Sicherheitsvorkehrungen zeigten, wie weit der Fußball manchmal davon entfernt sei. In diesem Zusammenhang sei es für Christen sehr wichtig, einander zu vergeben. Das sei „wie bei den Spielregeln für alle verbindlich.“ Morgners Fazit: „Fußball will uns nachdenklich machen. Die Frage ist: Wie gehen wir miteinander um?“
Morgner wies darauf hin, wie verständlich und aktuell die christliche Sprache sei: „Der Sünder erhält eine rote Karte“ oder „Der Stürmer erlöste Schalke 04 in der 87. Minute“ sind nur zwei Beispiele von vielen. Fußballfans wie Kirchengänger verstünden die Bedeutung dieser Worte. Auch beim Singen gebe es Gemeinsamkeiten: „Stadien sind Orte des Gesangs, dort ist keiner zu unmusikalisch oder zu stimmschwach.“ So viel Gesang wie im Stadion gäbe es nur noch in der Kirche.

Kirchengemeinden brauchen ein Ziel
Sowohl das Christsein als auch das Fußballspiel sei ein Mannschaftssport. „Ich kann nicht immer für mich alleine Christ sein oder Fußball spielen.“ Weiter sagte Morgner: „Jeder muss so eingesetzt werden, dass es eine Harmonie ergibt. Elf Stürmer auf dem Platz bringt nicht viel.“ Zudem sei es für Christen wie Fußballer wichtig, zielorientiert zu handeln. „Der Ball muss ins gegnerische Tor. Das Ziel ist der Sieg. Diese Zielorientierung brauchen wir auch in den Kirchengemeinden – dass wir Menschen zu Jesus führen und außerhalb der Gemeinden Liebe weitergeben“, so der Präses.
Auch im echten Leben gebe es wie bei einem Fußballspiel „mal einen Schlusspfiff“. Der Theologe mahnte: „Keiner von uns weiß, wie lange Gott uns am Leben hält. Wir sollten die Zeit also sinnvoll nutzen.“