20.10.2008
Deutsche Evangelikale sind keine Fundamentalisten
Einigkeit zwischen Kirchenpräsident Cherdron und FTH-Rektor Stadelmann
Deutsche Evangelikale sind keine Fundamentalisten
Einigkeit zwischen Kirchenpräsident Cherdron und FTH-Rektor Stadelmann
N e u s t a d t (idea) – Der Begriff „Fundamentalismus“ trifft auf die evangelikale Bewegung in Deutschland nicht zu. Darin stimmten der Pfälzer Kirchenpräsident, Eberhard Cherdron (Speyer), und der Rektor der Freien Theologischen Hochschule in Gießen, Prof. Helge Stadelmann, auf einer Podiumsdiskussion am 17. Oktober in Neustadt an der Weinstraße überein. Wie Cherdron vor den rund 400 Besuchern sagte, erheben christliche Fundamentalisten in den USA einen machtpolitischen Anspruch, sind häufig wissenschaftsfeindlich und meist zum Gespräch mit Vertretern anderer Überzeugungen unfähig. Solche Eigenschaften auf Pfälzer Pietisten anwenden zu wollen, sei „vollkommen daneben“. Die Evangelikalen in seiner Landeskirche zeichneten sich durch eine große Frömmigkeit aus, die sich an der Bibel orientiere. Manchmal wäre es wünschenswert, sie würden deutlicher sagen, wie die Gesellschaft aussehen sollte, so Cherdron. Er sieht keine Anzeichen dafür, dass der unter anderem vom Pfälzer Weltanschauungsbeauftragten, Pfarrer Richard Ziegert (Ludwigshafen), erhobene Vorwurf zutrifft, die evangelikale Bewegung in Deutschland werde aus den USA gesteuert. Zur Klage aus dem Publikum, dass Religionspädagogen das Bekenntnis zur leiblichen Auferstehung Jesus Christi als fundamentalistisch ablehnten, sagte der Kirchenpräsident, für ihn sei es unzweifelhaft, dass Christus am Kreuz für die Schuld der Menschen gestorben und anschließend auferstanden sei.
Evangelikale in Europa nicht für Bush-Politik haftbar machen
Laut Stadelmann hat der Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA entstandene christliche Fundamentalismus „auf hohem theologischen und wissenschaftlichen Niveau“ unaufgebbare biblische Positionen vertreten, etwa den Glauben an die Zuverlässigkeit und Gültigkeit der Bibel als Gottes Wort. Erst ab den 1940er Jahren habe er sich zu einer verengten Streitbewegung entwickelt, aus der in den letzten 30 Jahren eine einflussreiche gesellschaftliche Gruppe mit starkem politischen Engagement hervorgegangen sei. Davon distanzierten sich insbesondere europäische Evangelikale. Man dürfe sie nicht für das haftbar machen, was einige religiös-extreme Gruppen in den USA propagierten oder die Politik des „wiedergeborenen Christen“ George W. Bush bestimme, sagte Stadelmann.
Manche Splittergruppen verhalten sich fundamentalistisch
Allerdings gebe es auch in Deutschland einige evangelikale Splittergruppen, die trotz ihrer Selbstbezeichnung als bibeltreu andere Christen verletzten und verleumdeten. Deren aggressive, gesprächsunfähige Geisteshaltung entspreche dem modernen Fundamentalismusbegriff. Mit gelebter Bibeltreue habe sie nichts zu tun. Namen nannte Stadelmann nicht. Echte Treue zum Wort Gottes zeichne sich dadurch aus, dass Liebe und Wahrheit eine Einheit bildeten. Die Podiumsdiskussion wurde vom Vorsitzenden der Deutschen Evangelischen Allianz und Direktor von ERF Medien (Evangeliums-Rundfunk), Jürgen Werth (Wetzlar), geleitet. Veranstalter war die Evangelische Allianz in Neustadt.