23.03.2007

Schirrmacher: Rechtsstaat in Gefahr

Breite Protestfront gegen ein auf den Koran gestütztes Scheidungsurteil

Schirrmacher: Rechtsstaat in Gefahr

Breite Protestfront gegen ein auf den Koran gestütztes Scheidungsurteil

F r a n k f u r t a m M a i n / B o n n (idea) – Breiter könnte die Protestfront gegen eine Gerichtsentscheidung kaum sein: Sie reicht von der Kämpferin für Emanzipation, Alice Schwarzer, Politikern aller Parteien bis zur evangelikalen Bewegung. Einhellig verurteilen sie die Entscheidung einer Familienrichterin in Frankfurt am Main, ein Scheidungsbegehren mit dem Hinweis auf den Koran abzulehnen. Eine 26-jährige aus Marokko stammende Deutsche hatte eine vorzeitige Scheidung beantragt, weil sie von ihrem Ehemann geschlagen und mit Mord bedroht worden war. Die Richterin begründete ihre Entscheidung mit dem marokkanischen Kulturkreis der Ehepartner und dem dort geltenden Züchtigungsrecht, das im Koran enthalten ist. Die Antragstellerin hätte bei ihrer Heirat mit dieser Züchtigung rechnen müssen, so die Richterin. Die Ausübung des Züchtigungsrechts begründe daher keine unzumutbare Härte gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

Islam-Institut: Grundgesetz wird relativiert

Das Institut für Islamfragen der Deutschen Evangelischen Allianz warnt angesichts des Falles davor, das Grundgesetz durch den Koran und das islamische Recht zu relativieren. Nach der Argumentation der Richterin werde der grundgesetzliche Schutz auf körperliche Unversehrtheit je nach kulturellem und religiösem Hintergrund des Betroffenen eingeschränkt. „Eine solche Rechtssprechung bahnt den Weg für die Verfestigung einer muslimischen Parallelgesellschaft und die Aufweichung des Rechtsstaats“, erklärte die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher (Bonn), die das Institut leitet. Nach ihren Worten ist im Koran unmissverständlich festgehalten, dass ein Mann seine ungehorsame Frau schlagen darf. In Sure 4, 34 heißt es: „Und wenn ihr befürchtet, dass eure Ehefrauen widerspenstig sind, dann ermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie. Wenn sie euch (daraufhin wieder) gehorchen, dann unternehmt (weiter) nichts gegen sie!“

EAK: Ein juristischer Skandal

Für den Vorsitzenden des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU, den Parlamentarischen Staatssekretär Thomas Rachel (CDU), ist der Fall nicht nur ein juristischer Skandal, „sondern auch ein bedenkliches Signal eines fehlenden Bewusstseins für unsere kulturellen Traditionen, Werte und Rechtsnormen“. Wer Gewalt im Namen „zweifelhafter religiöser Instanzen“ legitimiere, verstoße gegen die Fundamente der freiheitlichen Grundordnung. Rachel plädiert für eine Diskussion über gemeinsame Werte und Normen in Politik und Gesellschaft. Diese Debatte habe die Union bereits mit dem Begriff einer „demokratischen Leitkultur“ angestoßen. Rachel: „Es muss klar sein: Weder Koran noch Scharia bilden einen Maßstab für unser Rechtssystem und unsere verfassungsmäßigen Grundwerte.“

Islamisten unterwandern deutsches Rechtssystem

Nach Meinung von Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer hat eine Richterin, die sich auf den Koran beruft, an einem deutschen Gericht nichts zu suchen. Die Frauenrechtlerin beklagt, dass das Rechtssystem seit langem von islamistischen Kräften unterwandert werde. Die Richterin ist inzwischen für befangen erklärt und der Fall einer anderen Juristin übergeben worden. Die Kritisierte hat laut einem Justizsprecher ihr Bedauern ausgedrückt. Sie habe nicht den Eindruck erwecken wollen, dass sie Gewalt in der Ehe billige. Aus ihrer Sicht habe sie alles getan, um die Frau vor Übergriffen ihres Mannes zu schützen.