28.09.2006
Künftiger Allianzvorsitzender: Es wird schwerer, zusammen zu bleiben
Werth: Individualismus prägt auch Evangelikale – Viele gehören keiner Denomination an
Künftiger Allianzvorsitzender: Es wird schwerer, zusammen zu bleiben
Werth: Individualismus prägt auch Evangelikale – Viele gehören keiner Denomination an
W e t z l a r (idea) – Die Deutsche Evangelische Allianz bleibt eine Sammelbewegung für alle Menschen, denen „Jesus konkurrenzlos wichtig ist“. Das hat der künftige Vorsitzende dieser Dachorganisation von rund 1,3 Millionen Evangelikalen aus Landes- und Freikirchen, Jürgen Werth (Wetzlar), unterstrichen. In einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea sagte der Direktor des Evangeliums-Rundfunks, er sehe die Allianz als eine Gebets- und Gesprächplattform für alle evangelikalen Strömungen an. Das gelte beispielsweise auch für Gruppen am konservativen Rand wie der Bekenntnisbewegung oder Teilen der Aussiedler- und Brüdergemeinden. Sie stehen der Allianz unter anderem wegen der Öffnung zur charismatischen und Pfingst-Bewegung distanziert gegenüber. Diese Gruppen müssten allerdings selbst gesprächsbereit sein. „Wir erwarten von allen die Bereitschaft, auch auf das zu achten, was der andere denkt, was er glaubt und wie er geprägt ist“, so Werth. Der 55-jährige Journalist wurde am 26. September zum Nachfolger von Peter Strauch – hauptamtlich Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden – an der Spitze der Allianz gewählt. Am 1. Januar übernimmt Werth von dem 63-jährigen Theologen das Ehrenamt. Wie Werth weiter ausführte, halte er es heute für schwieriger als früher, dass Evangelikale beieinander bleiben. Die Postmoderne stärke den Individualismus, und dieser Zeitgeist spiele auch bei Christen eine Rolle. Ein beachtlicher Prozentsatz der Evangelikalen gehöre keiner Denomination an. Diese Christen versammelten sich in unabhängigen Gemeinden oder Hauskreisen.
Nicht einfach Millenniumsziele der UN unterstützen
Werth beobachtet mit großer Sympathie einen Richtungswandel in weiten Teilen der evangelischen Kirche. Mission sei kein Unwort mehr, sondern ins Zentrum gerückt. Im Blick auf neue gesellschaftspolitische Aktivitäten der Evangelikalen wie die Micha-Initiative, unter anderem zur Begrenzung der weltweiten Armut, sieht Werth nicht die Gefahr einer Selbstsäkularisierung. In der deutschen Allianz habe man über die Micha-Initiative sehr ausgiebig diskutiert. Werth: „Wir können nicht einfach die Millenniumsziele der UN unterstützen. Das ist ein politisches Programm und daher nicht unser Ding.“ Andererseits hätten Evangelikale schon immer nicht nur das Heil, sondern auch das Wohl des Menschen in den Blick genommen. Soziale Verantwortung zu tragen, sei für sie nichts Neues. Gleichzeitig behalte Mission unbedingten Vorrang. „Nur wenn ich das Wort Gottes bringe, bringe ich auch die Liebe Christi. Und die Liebe Christi hat immer Hand und Fuß.“
Keine Illusionen über „Rom“
Zum Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche sagte Werth, selbstverständlich könne man mit Katholiken, denen Jesus konkurrenzlos wichtig sei, beten. Auch bewege sich in der katholischen Kirche viel. Evangelische sollten sich aber auch keinen Illusionen hingeben, dass „Rom“ zu einem echten Dialog auf Augenhöhe bereit wäre. „Ökumene sieht aus römischer Warte wohl eher so aus, dass die Evangelischen zurückkommen ins alte Boot dieser Kirche.“
Mit Muslimen ins Gespräch kommen
Zwischen dem Islam und der Evangelischen Allianz gebe es keine institutionellen Beziehungen. Das Institut für Islamfragen der Allianz wolle aber Christen in die Lage versetzen, mit Muslimen ins Gespräch zu kommen und mit ihnen das Evangelium zu teilen. Muslime nähmen Christen oft gar nicht als Menschen wahr, denen der Glaube an Gott sehr wichtig ist. Werth: „Wir müssen vor dem Islam nicht in Panik verfallen. Christus ist der Herr. Mit ihm können wir uns auch in Gespräche wagen und Kontakte zu Muslimen knüpfen. Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, und daran halten wir fest.“