04.09.2005
Antichristliche Stimmung in der Türkei wächst
Anschläge auf evangelische Gemeinden nehmen zu<br />
A n k a r a (idea) - In der Türkei wächst eine antichristliche Stimmung. Das beobachtet der Berater der Allianz protestantischer Kirchen, Orhan Kemal Cengiz (Ankara), der zugleich Vorsitzender des Vereins für die Menschenrechtsagenda ist. Im Blick auf die am 3. Oktober beginnenden Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union weist Cengiz darauf hin, daß es ein langer Weg sei von Drohungen und Übergriffen auf Christen bis zur völligen Religionsfreiheit. Die evangelischen Gemeinden in der Türkei leiden seit Ende 2004 unter einer Anschlagswelle. Innerhalb von sechs Monaten seien in fünf Städten Protestanten bedroht und ihre Versammlungsräume angegriffen worden, beklagte im Mai der Arbeitskreis für Religionsfreiheit und Menschenrechte der Deutschen Evangelischen Allianz. Am 18. Mai wurde die Wohnungstür eines Pastors in Izmit westlich von Istanbul mit einem Hakenkreuz beschmiert. Im April warfen Unbekannte Molotow-Cocktails gegen die Internationale Protestantische Kirche in Ankara und richteten einen Schaden von 10.000 Euro an. In einem Brief an den Pastor war von der „islamischen Pflicht“ die Rede, Christen zu töten. Drei assyrisch-aramäische Christen waren am 6. Juni im Südosten des Landes Ziel eines Bombenanschlags. Vor dem Auto mit einem Priester, einem Geschäftsmann und dem Bürgermeister von Harabale explodierte ein ferngesteuerter Sprengsatz. Die Insassen konnten sich unverletzt retten.
Land kann sich nicht über Nacht ändern
Cengiz sagte, sein Land versuche, im Vorfeld der EU-Beitrittsverhandlungen sein Ansehen nach außen zu verbessern. Aber eine Gesellschaft, die zu 99 Prozent muslimisch geprägt ist, könne keine religiöse Freiheit garantieren wie ein Staat mit islamischer Minderheit. Auch viele türkische Christen erwarteten nicht, daß sich ihr Land über Nacht verändere. Unter den rund 69 Millionen Einwohnern der Türkei sind weniger als ein Prozent Christen. Die 55 evangelikal geprägten Gemeinden haben rund 3.000 Mitglieder.