17.10.2005
Rund 40 Ehrenmorde in den vergangenen Jahren in Deutschland
Islamwissenschaftlerin: Ehre und Schande nicht direkt aus dem Koran ableitbar
Rund 40 Ehrenmorde in den vergangenen Jahren in Deutschland
Islamwissenschaftlerin: Ehre und Schande nicht direkt aus dem Koran ableitbar
B o n n, 12. Oktober 2005 (idea) - Rund 40 sogenannte muslimische Ehrenmorde sind in den vergangenen Jahren in Deutschland registriert worden. Die Zahl von muslimischen Mädchen, die von Verwandten in die Türkei gebracht und dort getötet oder zwangsverheiratet wurden, ist unbekannt. Darauf macht die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher (Bonn) im Mitteilungsblatt des „Orientdienstes“ (Wiesbaden) aufmerksam. Mit den „Ehrenmorden“ soll die durch Ungehorsam oder Unmoral befleckte Ehre der Familie wiederhergestellt werden. Eine Schande für die Familienehre kann beispielsweise sein, daß sich eine unverheiratete Tochter eine eigene Wohnung sucht. Für die Hinrichtung werde meist der jüngste Sohn der Familie bestimmt, weil dieser im Fall einer polizeilichen Untersuchung die geringste Strafe zu erwarten habe, so Frau Schirrmacher, die auch das Institut für Islamfragen der Deutschen Evangelischen Allianz leitet. Anfang dieses Jahrs wurde die 23jährige Deutsche türkischer Herkunft Hatun Sürücü in Berlin von ihrem Bruder erschossen, weil sie aus Sicht des islamischen Religions- und Kulturverständnisses unmoralisch lebte. Sie war als 15jährige in der Türkei zwangsverheiratet worden, hatte später mit ihrer Familie gebrochen und ihren Mann zurückgelassen. Sie ließ sich zur Elektroinstallateurin ausbilden, legte ihr Kopftuch ab und pflegte auch Männerbekanntschaften. Frau Schirrmacher zufolge läßt sich die Bedeutung der familiären Ehre nicht direkt aus dem Koran ableiten. Das „unbarmherzige Konzept von Ehre und Schande“ werde vielmehr durch die Traditionen einzelner Volksgruppen bestimmt. Es mache Männer und Frauen gleichermaßen zu Gefangenen. Männer müßten Durchsetzungsvermögen beweisen, indem sie die weiblichen Familienmitglieder zum Einhalten der gesellschaftlichen Normen anhalten. Sonst würden sie von ihrer Umgebung geächtet. Frauen müßten gegenüber der Gesellschaft ihre Tugend beweisen.