30.10.2002

Der deutsche Weg: USA bei Verhandlungen zur Klonkonvention scharf attackiert

New York (ALfA). Waehrend der Verhandlungen des Rechtsausschusses der Vereinten Nationen ueber die moeglichen Inhalte einer weltweiten Anti-Klon-Konvention hat der Leiter der deutschen Delegation, Christian Much, gestern (17.10.) erneut fuer Wirbel gesorgt.

In seiner Rede ging der deutsche Delegationsleiter die USA fuer diplomatische Gepflogenheiten ungeheuer scharf an. So stellte Much zunaechst, die USA ausdruecklich als den Hauptgegner des deutschen Anliegens hin (We are of course aware that there is a competing initiative, led in particular by the USA), obwohl der konkurriende Vorschlag, der derzeit bei rund 30 Staaten auf Zustimmung stoesst, von Spanien formuliert worden war. Im weiteren Verlauf des Statements werden die USA gar als Heimat der vom Klonen ausgehenden Bedrohung dargestellt, so etwa, wenn vom "the US-based doctor Zavos" und der "obscure religious sects such as the US-based Raelians" die Rede ist. Dabei sind die fuehrenden Raelinaer franzoesischer und Zarvos griechischer Abstammung. Muchs Rede gipfelt schliesslich in der Aussage "we trust that this Committee will live up to ist responsibilities towards humanity and make the right choice", welche suggeriert, allein durch die Zustimmung zu dem deutsch-franzoesischen Vorschlag lasse sich die "Verantwortung gegenueber der Humanitaet" erfuellen.

Der deutsch-franzoesische Vorschlag fuer eine UN-Konvention sieht vor, zunaechst eine weltweite Aechtung des reproduktiven Klonens durchzusetzen. In einem zweiten Schritt koenne man dann sich auch anderen Formen des Klonens zuwenden. Begruendet wird diese Vorgehensweise damit, dass eine Mehrheit so leichter durchzusetzen sei und die Zeit angesichts angekuendigter Klonexeperimente, draenge.

Der andere, von Spanien, den Vereinigten Staaten von Amerika und den Philippinen eingebrachte Entwurf einer Konvention, der inzwischen von fast dreissig Staaten - darunter auch der Heilige Stuhl, Italien und Suedafrika - unterstuetzt wird, sieht dagegen ein vollstaendiges und sofortiges Klonverbot auf nationaler Ebene vor, ohne zwischen den verschiedenen, mit derselben Technik verfolgten Zielen zu unterscheiden.

Wie die katholische Zeitung "Die Tagespost" berichtet (Ausgabe vom 17.10.), hatte im Vorfeld der gestrigen Sitzung bereits eine angebliche Aeusserung Muchs fuer erhebliche Aufregung unter den Diplomaten gesorgt. Unter Berufung auf das "Friday Fax, einen Mitteilungsdienst des "Catholic Family and Human Rights Institute" (C-FAM) in New York, schrieb die Zeitung, Teilnehmer einer informellen Sitzung haetten berichtete, der Leiter der deutschen Delegation vertrete in New York eine dem offiziellen deutschen Standpunkt entgegengesetzte Position. So habe Much im Verlauf der informellen Verhandlungsrunde erklaert, ein umfassendes Klonverbot durch eine Resolution der Vereinten Nationen verstosse gegen bundesdeutsches Recht: Das Verbot des so genannten therapeutischen Klonens zu medizinischen und zu Forschungszwecken komme einer unterlassenen Hilfeleistung gleich und stelle demzufolge eine kriminelle Handlung dar.

Vertreter der bei den Vereinten Nationen akkreditierten Nichtregierungsorganisationen berichten zudem von offensichtlichen Taeuschungsmanoevern der zurzeit ungewoehnlich zahlreich vertretenen deutschen Diplomaten, die bei muslimischen und sued-amerikanischen Diplomaten fuer ihren Vorschlag der Ausklammerung des Klonens zu Forschungszwecken im Konventionsentwurf werben.

Das Auswaertige Amt, in dem zunaechst keine umgehende Stellungnahme zu dem Vorfall, der sich Ende September zugetragen haben soll, zu bekommen war, hat dieser Darstellung inzwischen widersprochen. Wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte, habe Much die kolportierte Aeusserung definitiv nicht gemacht.

Im Fruehjahr hatte es bereits einen aehnlichen Zwischenfall gegeben. So teilte die Bundesregierung am 22. April auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der PDS im Deutschen Bundestag mit, "dass das deutsche innerstaatliche Recht mit seinem generellen Klonverbot keine Unterscheidung zwischen therapeutischem und reproduktivem Klonen kennt". Anders lautende Pressemeldungen, auf die sich die PDS berief, wies die Bundesregierung als "nicht den Tatsachen entsprechend" zurueck.

Merkwuerdig hat dem jetzigen Vorfall ist, das dass Auswaertige Amt, laut der "Tagespost" spaetestens am 10. Oktober schriftlich durch den Leiter der deutschen Delegation ueber den Vorwurf unterrichtet worden war. Dorthin hatte naemlich nach Darstellung der Zeitung der Botschaftsrat eine Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Hubert Hueppe zur Beantwortung weitergeleitet. Der Bioethikexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte Much am 8. Oktober schriftlich "im Vorfeld einer parlamentarischen Frage an die Bundesregierung" um eine Stellungnahme zu diesem Vorfall gebeten. Dass Much sich dazu nicht bereit fand und das Auswaertige Amt auf Zeit spielte, naehrt freilich den Verdacht, dass sich die Dinge in New York doch wie berichtet zugetragen haben koennten.

Erstaunlich ist auch, dass es den "kritischen Bioethiker" inzwischen gelungen ist, von Much eine Stellungnahme zu der ihm zugesprochenen AEusserungen zu erhalten (http://www.kritischebioethik.de/Statements_Christian_Much_10-18-02.html); ein Anliegen, welche dem CDU-Abgeordneten Hueppe vor einigen Tagen noch verwehrt worden war.

 

"Die Bundesregierung will sich alle Tueren offen halten", zitiert die "Tagespost" Hueppe. Anders sei nicht nachzuvollziehen, dass die Bundesregierung einerseits auf den strengen deutschen Embryonenschutz verweise, sich aber andererseits nicht bereit zeige, jene Staaten zu unterstuetzen, die den deutschen Standards internationale Geltung verschaffen wollten.

So heisst es etwa in Punkt vier des von Spanien, den Vereinigten Staaten von Amerika und den Philippinen eingebrachten Entwurfs der Anti-Klon-Konvention: "Die Generalversammlung der Vereinten Nationen erklaert feierlich, dass, bis zur Annahme einer internationalen Konvention gegen menschliches Klonen, die Mitgliedsstaaten in ihrem Staat oder dem Gebiet, in dem sie die staatliche Kontrolle ausueben, die Grundlagenerforschung, experimentelle Erprobung, Vervollkommnung oder Kommerzialisierung jeder Technik, die menschliches Klonen ermoeglichen wuerde, verbietet." In Punkt 5 dieses Entwurfes werden die Mitgliedsstaaten gar aufgefordert, "schnellstmoeglich Massnahmen zu ergreifen, um jede Form von Gen-Technik zu verbieten, die die Wuerde des menschlichen Lebens ignoriert."

Wie die Zeitung weiter schreibt, laege es auf der Hand: Dass die Annahme eines solchen Textes letztlich erhebliche oekonomische Konsequenzen fuer die Pharma- und Biotechindustrie haette. "Denn ein umfassendes Klonverbot, welches die Technik als solche verbietet und nicht zwischen ihren moeglichen Anwendungsfeldern unterscheidet, kaeme einem Aus fuer die embryonale Stammzellforschung gleich: Deren "logische Konsequenz" ist nach Ansicht der meisten Wissenschaftler das so genannte therapeutische Klonen menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken."

Anders als beim reproduktiven Klonen wird der geklonte Embryo nach wenigen Tagen bei der Entnahme von Stammzellen, die zur Zuechtung von Ersatzgewebe verwandt werden sollen, getoetet. Der Heilige Stuhl hat denn auch das Klonen als "eine neue Form von Rassismus" bezeichnet. Bei den Ausschussberatungen in New York sagte der Staendige Vertreter des Vatikans am Sitz der Vereinten Nationen, Erzbischof Renato Martino, die Unterscheidung zwischen dem reproduktiven und dem so genannten therapeutischen Klonen "verschleiert die Realitaet der Schaffung eines menschlichen Wesens mit dem Ziel seiner Zerstoerung, um Stammzellenketten zu erzeugen oder anderen Experimenten nachzugehen".

Ausgehend von "der Grundlage des biologischen und anthropologischen Status des menschlichen Embryos und von den grundsaetzlichen moralischen und zivilen Grundprinzipien" sei es "unzulaessig, einen Unschuldigen zu toeten, auch wenn dies der Gesellschaft nuetzlich ist." Martino bezeichnete das so genannte therapeutische Klonen denn auch als "eine neue, schreckliche Art der Sklaverei".