23.04.2001

In den Niederlanden ist die Toetung auf Verlangen jetzt "straffrei"

Den Haag (ALfA). Mit 46 gegen 28 Stimmen hat die erste Kammer des niederlaendischen Parlaments am vergangenen Dienstag das weltweit erste und europaweit umstrittene Euthanasiegesetz verabschiedet. Das "Gesetz zur Ueberpruefung von Lebensbeendigung auf Verlangen und Hilfe bei Selbsttoetung", das die in den Niederlanden seit 1994 tolerierte Sterbehilfe unter bestimmten Voraussetzungen nun endgueltig straffrei stellt, soll in der zweiten Jahreshaelfte in Kraft treten. In der zweiten Kammer des Parlaments war der Gesetzentwurf der sozialliberalen Koalition bereits im November mit einer ebenfalls grossen Mehrheit angenommen worden.

Kuenftig sollen Aerzte immer dann straffrei euthanasieren duerfen, wenn ein "freiwilliges" und "wohlueberlegtes" Verlangen des Patienten vorliegt, der Patient "unertraegliche" Schmerzen leidet und keine Aussicht auf Heilung mehr besteht. Zuvor muss der Arzt einen Kollegen zu Rate ziehen und nach der Tat den Tod dem Leichenbeschauer der jeweiligen Stadt oder Gemeinde melden. Was als "unertraegliches Leiden" gelten soll, bestimmt der Arzt. Ob Mediziner oder Psychiater gesetzeskonform gehandelt haben und somit straffrei bleiben, entscheidet dem neuen Gesetz zufolge kuenftig nicht mehr wie bisher ein Staatsanwalt, sondern eine Kommission aus Juristen, Medizinern und Ethikern.

Weiter enthaelt das neue Gesetz auch Bestimmungen ueber die Euthanasie von Minderjaehrigen. Danach duerfen Jugendliche ab 16 Jahre unabhaengig von ihren Eltern ueber ihre Toetung entscheiden. Bei 12-16jaehrigen ist die Zustimmung eines Erziehungsberechtigten noetig.

Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Ausgabe vom 11.04.) berichtete, hatte in Verlauf der Debatte in der ersten Kammer des niederlaendischen Parlaments die staerkste Oppositionspartei, der Christlich Demokratische Appell (CDA), darauf bestanden, dass gesetzlich festgelegt werden solle, dass Aerzte und Pflegepersonal, die aus Gewissensgruenden nicht an Euthanasiehandlungen teilnehmen wollten, hierzu nicht gezwungen werden koennen. Die niederlaendische Gesundheitsministerin Els Borst, die Mitglied der "Niederlaendischen Vereinigung fuer Freiwillige Euthanasie" (NVVE) ist, hielt dies jedoch nicht fuer noetig. Sie argumentierte die Patienten koennten dann ohnehin einen anderen Arzt aufsuchen.