15.04.2020

Corona, Religionsfreiheit, Gottesdienste und Jesus

Ein Kommentar von Ekkehart Vetter

Ekkehart Vetter

Mal ein paar persönliche Worte und Empfindungen, keine wissenschaftliche Erörterung, eher ein paar Zeilen aus dem Bauch heraus:
Ich bin weder Virologe noch Epidemiologe noch Systemimmunologe – alles wunderbare Berufsfelder, über die ich mir bisher wenig Gedanken gemacht habe. Ich bin dankbar, dass es diese Experten gibt. Es erfreut mich by the way auch ganz laienhaft, dass diese Leute nicht immer einer Meinung sind, denke ich doch, dass Diskussion und unterschiedliche Sichtweisen zur Wahrheitsfindung beitragen. Ebenso denke ich, dass es ein ganz normaler Vorgang ist, dass Politik sich in allen möglichen Entscheidungsfeldern Expertenrat einholt.
Und ich staune, wie soziale Medien voll sind von überbordenden geheimnisumwitterten Theorien, wer uns da wie, von langer Hand geplant natürlich, über den Tisch ziehen will, die Demokratie angeblich den Bach runter geht, und viele treudoofe Christen das nur nicht merken. Mein Rat an alle „Hobbyepidemiologen“, die alles ganz anders sehen und die Weisheit und selbstverständlich auch den prophetischen Durchblick gepachtet haben: Betet für Politikerinnen und Politiker! Nehmt euch Zeit DAFÜR! Das ist sinnvoller als abstruse Theorien zu verbreiten!
Ach ja, die Religionsfreiheit, die sei gefährdet, höre ich, weil Gottesdienste derzeit nicht stattfinden dürfen! Dazu gleich mehr. Aber mir tut die Bundeskanzlerin schon ein wenig leid. Denn wenn zu viel zu schnell erlaubt wird, dann klagen vielleicht wieder andere, dass ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 GG) gefährdet wird. Gar nicht so einfach, derzeit Politiker zu sein und mit so vielen Forderungen konfrontiert zu werden! Insofern bin ich dankbar für den gestern von Regierungsseite formulierten Satz: „Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind sich bewusst, dass die Religionsausübung ein besonders hohes Gut darstellt und gerade vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, die diese Epidemie und ihre Folgen für viele Menschen auslöst, gelebter Glaube Kraft und Zuversicht spendet.“
Zum Thema Religionsfreiheit und Gottesdienstverbot: Wir haben alle Freiheiten unsere Gottesdienste zu streamen, ihn per Internet in der großen weiten www-Welt zu verbreiten. Ja klar, nicht alle Gemeinden können dies so einfach. Wir haben aber alle Freiheiten zu telefonieren, mit Menschen auch am Telefon zu beten. Wir sind frei, Kleingruppentreffen als Videokonferenz zu gestalten, geistliche Literatur zu kaufen und zu verbreiten und, und, und. Religionsfreiheit leben hat wahrlich viele Schattierungen, jedenfalls mehr, ein wenig provozierend gesagt, als hin und wieder oder auch regelmäßig einen Gottesdienst zu besuchen und dann, wenn dieser mal einige Wochen aufgrund einer begründeten gesellschaftlichen Übereinkunft ausfällt, den Untergang des christlichen Abendlandes zu beklagen. Es ist angesagt, Religionsfreiheit ideenreich zu gestalten – gerade auch in Corona-Zeiten.
Zum Gottesdienstverbot: Ja, ich denke, dass es ein nachvollziehbares Argument ist, dass man gottesdienstliche Angebote nicht verbieten muss, wenn man gleichzeitig Baumärkte öffnet. Wir in den Kirchen können leichter verbindlich verabredete Vorgaben bezüglich des Gesundheitsschutzes gewährleisten, als dies an vielen anderen Stellen (Einkaufen beim Discounter!) möglich ist. Insofern, liebe Bundesregierung und wertgeschätzte Landesregierungen, dieses Verbot sollte so bald wie möglich aufgehoben werden und mit den (Frei-)Kirchen verabredet werden, wie Gottesdienste incl. des verabredeten Gesundheitsschutzes gefeiert werden können. Und wenn dann die Gemeinde mit Mundschutz vor mir sitzt, dann wird zu Beginn der Predigt erstmal aus der Kanzelperspektive, Handy raus, ein Foto gemacht