03.11.2018

Pakistan: Asia Bibi darf Pakistan nicht verlassen

Trotz Freispruch

Islamabad (idea) – Die freigesprochene Christin Asia Bibi darf Pakistan nicht verlassen. Das bestätigte die in dem Land tätige Menschenrechtsanwältin, Aneeqa Anthony (Lahore), gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Der Oberste Gerichtshof in Islamabad hatte das Todesurteil gegen die Katholikin am 31. Oktober mit der Begründung aufgehoben, die Vorwürfe seien juristisch schwach. Die Mutter von fünf Kindern soll als „Ungläubige“ durch Berührung eines Gefäßes das Wasser für muslimische Feldarbeiterinnen verunreinigt und sich im Streit beleidigend über den Propheten Mohammed geäußert haben. Seit der Entscheidung kommt es zu massiven Protesten von Islamisten, darunter viele Anhänger der radikalislamischen Partei Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP), in zahlreichen Städten des Landes. Die Klägerseite hat laut Anthony nun einen Antrag auf erneute Prüfung des Urteils eingereicht.

Gesellschaft für bedrohte Völker: Das ist ein skandalöser Deal

Lokalen Medien berichten, es habe wegen der anhaltenden Proteste ein Abkommen zwischen der Regierung und der islamistischen TLP-Partei gegeben. Demzufolge wird der Revisionsantrag gegen den Freispruch zugelassen, und ein Gericht soll über das von islamistischen Gruppen geforderte Ausreiseverbot für Bibi verhandeln. Zudem sollen alle Demonstranten, die seit dem Freispruch der Katholikin festgenommen wurden, freigelassen werden. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (Göttingen) nannte das Einlenken der Regierung eine Bankrott-Erklärung des Rechtsstaates gegenüber dem Druck islamistischer Bewegungen. Ihr Direktor, Ulrich Delius, sagte am 3. November in Göttingen, der „skandalöse Deal“ mache Pakistans Rechtssystem zur Beute des islamistischen Mobs: „Er missachtet die Gewaltenteilung und die Priorität des Rechts.“ Die Regierung dürfe nicht zulassen, „dass radikale Islamisten noch dabei gefördert werden, wie sie die Rechtsprechung aushebeln“.

Prozess war immer wieder vertagt worden

Der Fall hatte international Aufsehen erregt. 2011 war der Gouverneur der Provinz Punjab, Salman Taseer, von seinem Leibwächter Mumtaz Qadri erschossen worden, weil er sich für die Begnadigung von Bibi und eine Reform des Blasphemiegesetzes eingesetzt hatte. Der Attentäter wurde zwar zum Tode verurteilt und gehängt, wird aber seitdem verehrt. Eine 2014 gebaute Moschee trägt nach Informationen der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM/Frankfurt am Main) seinen Namen. Der Richter, der Qadri zum Tode verurteilt hatte, musste laut IGFM aufgrund der Bedrohung durch Extremisten mit seiner Familie ins Exil nach Saudi-Arabien gehen. Seit das Oberste Gericht Pakistans im Juli 2015 eine Berufung gegen das Urteil zuließ, war der Prozess immer wieder vertagt worden. Von den 174 Millionen Einwohnern Pakistans sind etwa 95 Prozent Muslime, zwei Prozent Christen sowie zwei Prozent Hindus.